Privatschulen

 

Trotz der guten Ausbildung an unseren Schulen genügte der Primarschulunterricht für unsere Geschäftsleute nicht. Zu verschiedenen Zeiten siedelten sich deshalb Privatlehrer bei uns an, welche sich über längere Zeit in Speicher aufhielten und hauptsächlich Unterricht in französischer Sprache erteilten:

 

1.

Pfarrer Hänz

2.

Johannes Sonderegger von Gais, zu Ende des vorherigen Jahrhunderts

3.

Frau Moser von St. Gallen

4.

Lehrer Zürcher von Teufen

5.

Allgäuer von St. Gallen, im Anfang dieses Jahrhunderts

 

Erstere zwei lehrten hauptsächlich Französisch, Allgäuer Rechnen und M. Züst erteilte Unterricht in Gesang und Musik. 1824 liess sich Jeannet, ein Französischlehrer aus Neuenburg, in Speicher nieder. Ihm folgte 1830 Johann Bossart aus Othmarsingen, der jedoch keinen Französischunterricht erteilte. Als er 1838 wieder wegzog, übernahm ab 1839 Höhn aus Wädenswil seine Schüler. Höhn blieb mehr als ein Jahrzehnt in Speicher und gab Unterricht in Französisch und anderen Schulfächern. Lehrer Honnerlag aus Trogen und anschliessend  Fitzi aus Bühler erteilten Unterricht im Zeichnen.

Diese Privatschulen existierten aber nur kurze Zeit, weil die meisten von ihnen auch nicht viel mehr leisteten als die öffentlichen Schulen, wobei die zwei letztgenannten eine Ausnahmeerscheinung waren. Aus diesem Grund schickten daher viele Eltern ihre Söhne in andere auswärtige Schulen. Die meisten Knaben aus Speicher lernten in St. Blaise in Kanton Neuenburg, aber auch im Pestalozziinstitut in Isetren, in Pfarrer Steinmüllers Schule in Rheineck, im Tobler’schen Institut in St. Gallen, in der Schule von Schneider in Altstätten, oder in Hofwil und in der Schurtannenschule in Trogen. Seit längerer Zeit wird die Kantonsschule in Trogen von einer ansehnlichen Anzahl Knaben besucht. An die Gründung der Kantonsschule leistete Speicher einen ordentlichen Betrag, indem die zwei Partikularen Seckelmeister Tobler und G.L. Schläpfer im Kaufhaus versprachen, jährlich 66 Gulden zu entrichten, damit jeder einem armen Knaben aus Speicher ermöglichen könnte, das Institut zu besuchen. Während sich Tobler auf Lebzeiten verpflichtete, tat dies Schläpfer für 10 Jahre. Andere verpflichteten sich, 10 Jahre lang einen Betrag zu bezahlen, welcher zwischen von 2 Gulden 42 Kreuzer bis 10 Gulden 48 Kreuzer lag. Zusätzlich kamen einmalige Spenden zusammen, die sich zwischen 2 Gulden 42 Kreuzer und 100 Gulden bewegten.

Die Nähe der Kantonsschule und das billige Lehrgeld für die Schüler könnten die wichtigsten Gründe gewesen sein, warum das Bedürfnis für eine eigene Sekundarschule in Speicher noch nicht richtig erkannt wurde. 1852 legte Verwaltungsrat Schläpfer im Schönenbühl, durch ein Vermächtnis von 400 Gulden für seine selige Frau, den Grundstein zu einem Fond für eine eigene Sekundarschule. Mag dieser Samen zum Segen der Gemeinde aufkeimen!

Nun kommen wir auf das Zahlenverhältnis der Schüler zu sprechen.

Speicher zählte zu Ende des vorigen Jahrhunderts im Sommer 145 - 158, im Winter 90 – 107 Schüler. Diese Zahl stiegt bis 1809 auf 192 und bis 1834 auf 254 Alltags- und 211 Mittel- und Repetierschüler. Im Jahr 1849 zählte unser Dorf 324 Alltag- und 159 Übungsschüler.

Im Verhältnis zur Einwohnerzahl ergibt dies für 1804 wie 1:11, 1827 wie 1:12, 1834 wie 1:10 und für 1849 während des Sommers wie 1:7, im Winter wie 1:8.

 

Wir hoffen, dass sich die Schule ihren wohltätigen Einfluss auf das Berufs- und Familienleben immer mehr in intellektueller, wie religiöser und moralischer Beziehung ausüben kann. Aber auch in Bezug auf das Familienleben sollte die Schule mehr die Verantwortung den Eltern überlassen können. Für das Berufsleben erhoffen wir diejenige Vernunft, welche nicht zuviel verlangt, was ausserhalb des Anschauungskreises des Kindes liegt und nur dort den gereiften Verstand und die Erfahrung des Mannes erfordert. Eine Verkennung der Kindesnatur kann das Wesen der Schule umkehren und der Entwicklung des kindlichen Geistes vorauseilen. Sie verquickt auf unnatürliche Weise die Primar- und Realschule und macht jene zu einer Dressuranstalt, welche dem Kind all das eintrichtern wollen, wovon man glaubt, es könnte je einmal in seinem Leben vorkommen. So aber würde seine Denkfähigkeit abgestumpft und es wäre unfähig, anderes als das zu kapieren, was es erlernt hat. Wie kann ein Kind das Erlernte bewusst anwenden, wenn nicht das praktische Leben, als beste, aber teuerste Schule, das Verkehrte wieder gut macht.

„ Mit einem Worte, möchten Lehrer und Schulvorgesetzte sich immer mehr dahin vereinen, durch einen einfachen, dem kindlichen Fassungsvermögen angemessenen Unterricht des Kindes Geist zu beleben, statt durch unpädagogisch Forderungen an den Schüler, mitunter mit Herbeiziehung von Gegenständen aus der alten Rumpelkammer des für das Kind unsinnigen Formenwesens, denselben zu töten.“