Auch in unserer Gemeinde
wurde damit der Wunsch nach Verbesserungen im Schulwesen neu geweckt. Das
Regulativ des öffentlichen Unterrichts, die Schul- und Erziehungsordnung von
1802, bestimmte bereits die Klasseneinteilung in der Schule, führte
Sprachübungen, vier Rechnungsarten und Verstandesübungen auf und reihte dem
schon seit längerer Zeit gebrauchten Lesestoff das appenzellische Lesebuch
und Rochow’s „Kinderfreund“ an. 1808 führte man nach heftigen Debatten die
Lehrmethode Pestalozzis ein. Am 15. Oktober1822 wählte die
Gemeindebehörde eine erste Gemeindeschulkommission, welche die Schulen und
damit auch die Ausführung der vorhandenen Verordnungen zu überwachen hatte
und der Behörde Vorschläge über allfällige Verbesserungen im Schulwesen
machen musste.
Diese Kommission bestand aus dem Pfarrer, den
beiden Hauptleuten und dem neuen und alten Schulpfleger. Am 16. Dezember 1822
fand ihre erste Sitzung statt, wobei der Pfarrer als Präsident den Vorsitz
hatte. 1823 kaufte man Schmied’s „Biblische Geschichten“ und rief den Lehrern
die Schulordnung von 1802 in Erinnerung. Sämtliche Schulkommissionsmitglieder
verpflichteten sich, dem Entlassungsexamen der Alltagsschüler in der
Übungsschule beizuwohnen. Im gleichen Jahr beschloss die Schulkommission: „Wer
sich bei Ganztagschulen im ganzen Jahre 100 Versäumnisse zu Schulden kommen
lässt, soll vor die Räte zitiert werden“. 1825 bestimmte die gleiche
Behörde, dass sowohl Knaben als auch Mädchen von „ob dem Holz“, die
Übungsschule im Dorf, diejenigen von „unter dem Holz“ die Übungsschule in der
Schwende besuchen sollten; und nicht wie die Alltagschüler, willkürlich aus
einer Schule in die andere wechseln dürften. 1826 forderte man die
Schullehrer auf, mit den Kindern mehr Sprachübungen zu machen und das
Diktatschreiben fleissiger zu üben. Die Kinder müssten in Zukunft auch die
Hefte von geschriebenen Aufsätzen an das Examen mitbringen und nicht nur ein
paar Texte, sonst würden sie zurückgewiesen. 1828 wurde die Schulordnung
teilweise erneuert. Darin war die Einteilung der Kinder aller Bezirke,
nämlich diejenigen Kinder im Dorf für die Unter- und Oberschule im Dorf,
diejenigen im Bendlehn zu der Schule in der Erlen und aller Kinder unter dem
Holz, zur Schule in der Schwende bestimmt. Die Schüler jedes dieser 3 Bezirke
teilen sich in Alltag-, Mittel- und Repetierschüler auf. Die Schule wurde das
ganze Jahr hindurch gehalten, wobei 1 Woche im Heuet, 1 Woche im Emtet, am
Osterdienstag, am Nachtag zur Landsgemeinde und 2 Tage während des
Jahrmarktes ausfielen. Der Unterricht fand wöchentlich während 5 ½ Tagen
statt, wobei er im Sommer 7 Stunden und im Winter 6 Stunden dauerte. Als
Unterrichtsfächer waren vorgeschrieben: Das ABC, Syllabieren
(silbenweises) und schönes Lesen, alle 4 Rechenarten bis hin zur Kettenregel,
Kopf- und Ziffernrechnen, die 3 Elemente im Gesang nach Nägelis Methode,
Auswendiglernen des grossen und kleinen Katechismus, des Erklärungsbuches,
von Bibelsprüchen und Liederversen, deutsche Sprache mit Wortbildung,
Wortunterscheidung (Wortarten), Wortbiegung, Interpunktion und Orthographie. Als Stoff zu den
Sprachübungen bestimmte man neben der Naturkunde Bibel-, Vaterlands- und
Weltgeschichte. Am Ende des zweiten und zu
Anfang des dritten Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts nahm das Schulwesen in
unserem Land einen neuen Aufschwung, weil von Seite der Landesbehörde eine
Reihe von neuen Anordnungen und Einrichtungen ins Leben gerufen wurde. Die
neue Schulordnung vom Jahr 1837 schloss sich diesen Erneuerungen an. Die
Gemeinden hatten damit einen Anstoss zur weiteren Entwicklung erhalten und
Speicher wollte hier nicht zurückbleiben. Dies zeigt sich aus folgenden Beschlüssen
und Bestrebungen. 1831 beschloss die Schulkommission, dass in der Unterschule
auch die Anfänge im Schreiben, Kopf- und Ziffernrechnen gemacht werden sollten.
Der amtierende Schulpfleger, Dr. Gabriel Rüsch, führte 1835 mit den Schullehrern
Schulkonferenzen durch. Die sich daraus ergebenden Wünsche für Verbesserungen
im Schulwesen zeigten, dass die Umgestaltung der Oberschule im Dorf zu einer
Sekundarschule als dringend erachtet wurde. Die Schulkommission hielt die an
sie herangetragenen Wünsche aber für unausführbar. Der Schulordnung von 1828
fügte man 1836 folgende Ergänzungen bei: |
|
1. |
Es sollen hierfür Halbtagesschulen gehalten werden,
ausgenommen in der Vorschule im Dorf, sollen die Kinder im Sommer, Vor- und
Nachmittag zur bestimmten Zeit 2 Stunden kommen und entlassen werden. In den
übrigen Schulen soll es den Anfängern, oder 1. und 2. Klasse freistehen, am
Vor- und Nachmittag 1 ½ - 2 Stunden zu kommen. |
2. |
Soll in der Regel das 12. Jahr als Minimum des
Austritts aus der Tagschule angenommen sein. |
5. |
Das Lautieren und die Stundenpläne sind jedem Lehrer
„überlassen, jedoch sollen sie solche entwerfen und der Schulkommission
vorlegen“. |
9. |
Die Entlassungsexamen sollen von der Schulkommission
in Zukunft in jeder Schule gehalten werden . Und so fort. |
Am 27. Januar 1837 wurde eine
Jugendbibliothek gestiftet, welche heute aber mangels neuer Bücher nicht mehr
benutzt wird.
1837 erschien eine neue Schulordnung, welche
zwar in manchen Gemeinden Widerstand hervorrief, in Speicher hingegen gut
aufgenommen wurde. 1843 erschien eine so genannte Jugendordnung, die sich
auch auf den Gottesdienst, den Religionsunterricht für Übungsschüler, den
Konfirmationsunterricht und das Verhalten der Jugend ausserhalb der Schule,
der Kirche und dem Religionsunterricht bezog und welche mit der Schulordnung
abgeglichen war. Inzwischen wurden auch mehr Schulmaterialien
angeschafft, wie zum Beispiel: die Keller’sche Wandkarte der Schweiz,
Schweizer Geschichte von verschiedenen Autoren, die Bibelgeschichte von
Kündig und vom Calwerverein, das appenzellische Lesebuch, aber auch dasjenige
von Scherr, sowie geographische und andere Tabellen. Auch die Leistungen der
Schüler wurden immer besser. Es gibt in allen Schulen Speichers eine
ordentliche Anzahl Kinder, die zum Teil mit guter Betonung lesen und über das
gelesene befriedigende Auskunft geben können. Sie sind auch fähig,
ordentliche einfache Aufsätze zu schreiben, beherrschen das Ziffer- und
Kopfrechnen so weit, dass sie sich in ganzen Zahlen, Brüchen und
Geschäftsrechnungen bewegen können. Sie singen und schreiben ziemlich gut,
sind in der biblischen Geschichte relativ gut bewandert und auch in der
Vaterlandsgeschichte und Geographie nicht ganz unkundig. Die
regierungsrätlichen Schulinspektoren sprachen deshalb über das, was Speicher
bisher für das Schulwesen leistete, ihre Anerkennung aus. |