V.
Die Schule
           

Soll das Werk der Erziehung gedeihen,

so muss zu des Zöglings Empfänglichkeit und Willigkeit

noch ein dreieiniges Wirken sich gesellen:

Der Lehrers Weisheit, der Eltern Zucht und

des Staates väterliche Obhut. Zuletzt aber

bleibt an Gottes Segen doch Alles gelegen.

                  Erasmus Zink

 

Die Schule muss Hand in Hand mit der Kirche gehen, wenn der christliche Sinn und das brüderliche Wohlwollen aus ihr entspringen sollen und der rechte Gemeinsinn im menschlichen Herzen Wurzel schlagen kann. In der Schule soll der Samen dazu in die empfänglichen Herzen der Jugend gelegt werden, damit er keimen kann und so in den reiferen Jahren reichlich Früchte bringt. Aus diesem Grunde wollen wir, nachdem wir die Kirchenangelegenheiten beschrieben haben, auch über die Geschichte des Schulwesens berichten.

 

Stiftung und Geschichte
der äusseren Angelegenheiten der Schule

 

Das Kirchenlibell von 1613 sagt in Bezug auf die Schulen:

Es war den Predigern aus St. Gallen nicht möglich, „der Jugend im gläubigen Gebet, wie in diesem Lande gebräuchlich verhören und sich Mangel befunden, zu unterrichten, in dem sie zum Speicher noch keine Gelegenheit zu einer Schule gehabt, ihre Jugend daselbst anzuführen“.

 

Auch nach dem Kirchenbau findet sich noch keine Spur von einer Schule in Speicher. Im Jahre 1665 ist in der Jahresrechnung eine Ausgabe von 11 ½ Batzen für einen Schultisch aufgeführt. Die Obrigkeit zahlte bis ins Jahr 1667 für jedes arme Schulkind den Schullohn von 3 Kreuzer pro Woche. Reiche Gemeinden machten aber oft unerhörte Forderungen, deshalb beschloss die Regierung, anstelle des Schullohns und des bis dahin bezahlten Osterbatzens, jeder Gemeinde ein Schulgeld nach der Einwohnerzahl abgeben. Speicher erhielt darum von 1667 - 1734 jährlich 22 Gulden 40 Kreuzer und von 1734 - 1798 noch 19 Gulden.

Anfangs gab es nur eine Schule, welche im Pfarrhaus vom Pfarrer gehalten wurde. Pfarrer Schlumpf war der letzte, welcher mit dem Hirtenamt zugleich auch den Schuldienst versah. Als er eher etwas „übelmögend“ wurde, übertrug er die Aufgabe seiner Magd, Barbara Gschwend. Im Jahr 1700 finden wir den ersten Schulmeister, der aber die Schulstunden noch in Privathäusern im Kalabinth und später im Moos durchführte. 1705 baute die Gemeinde ihr eigenes Schulhaus im Moos. Zur Gründung dieser „Freischule“ wurden 2362 Gulden zusammengetragen.

1709 wurde der Anfang zur Gründung einer zweiten Schule in Speicher gemacht, indem man in der Schwende einen Raum einrichtete, wo einige Wochen Unterricht gehalten werden konnte. Zur Verlängerung der Schulzeit zog  man 1734 eine freiwillige Steuer ein, welche ob dem Holz 55 Gulden 21 Kreuzer und unter dem Holz 23 Gulden 5 Kreuzer abwarf. Die Schule konnte nun während eines halben Jahres besucht werden. 1749 wurde als Folge eines Martinikirchhörhebeschlusses „zur Äufnung beider Schulen und ihrer Erhebung zu Jahresschulen“ eine neue Kollekte veranstaltet, welche ob dem Holz 603 Gulden, 43 Kreuzer und unter dem Holz 128 Gulden 49 Kreuzer, im Ganzen also 732 Gulden 32 Kreuzer einbrachte.

Bis ins Jahr 1763 mussten die Schulmeister in der Schwende den Unterricht in ihrem eigenen Haus durchführen. Erst jetzt erhielt die Schwende ihr eigenes Schulhaus, welches im Einfang gebaut wurde und rund 1100 Gulden kostete. Die Kosten wurden grösstenteils durch freiwillige Beiträge abgedeckt und obwohl es den Anforderungen der Zeit nicht mehr ganz entspricht, wird es heute noch benutzt.

Zu Anfang dieses Jahrhunderts hatte Speicher also nur zwei Schulen. Auf Grund der rasch wachsenden Bevölkerung stieg der Wunsch nach einer zweiten Schule im Dorf. Damit man diesem Problem entgegentreten konnte, teilte man 1801 die bestehende Schule in eine Unter- und Oberschule auf. Anfangs fand der Unterricht im Moos statt, nach dem Kirchenbau verlegte man aber die Schule in das von der Gemeinde gekaufte Wirtshaus „zum Hirschen“ neben der Kirche und verkaufte das Schulhaus im Moos. Da aber auch das neue Schulhaus seinem Zweck nicht lange genügen konnte und in den Zwanzigerjahren dieses Jahrhunderts ein neuer, reger Sinn für die Schulen entstand, machte die Schulkommission schon im September 1823 auf die Notwendigkeit eines neuen Schulhauses im Dorf aufmerksam. Die Vorsteherschaft beschloss aber, die Sache bis zum folgenden Frühling ruhen zu lassen.

Das Ratsprotokoll berichtet von neuen Beratungen über den Schulhausbau vom 6. August 1824. Danach konnte man sich zu keiner Lösung durchringen, weil inzwischen der Bau einer vierten Schule beschlossen und ausgeführt wurde. Auch die Realisierung eines neuen Pfarrhauses, das als Ersatz für das bestehende aus dem Jahr 1614 gebaut wurde, hatte Einfluss auf die Beratungen. Das Schulhaus bei der Kirche wurde nach einem Beschluss der Kirchhöre vom 27. März 1828 zum Wegnehmen vergantet, damit das neue Pfarrhaus an seiner Stelle erbaut werden konnte. Der Unterricht wurde von nun an im alten Pfarrhaus gehalten, denn es war nach dem Umzug des Pfarrers in das neu erbaute Pfarrhaus zum Schulhaus umfunktioniert worden. Natürlich entsprach auch dieses Haus noch nicht den Anforderungen eines modernen Schulhauses, weshalb die Kirchhöre am 3. April 1842 beschloss:

1.

Dass man ein Schulhaus von 60 Fuss Länge und 32 Fuss Tiefe von drei Stockwerken bauen wolle, in welchem Wohnungen für 2 Schullehrer, dann 2 Schulstuben, 1 Kommunikanten- und Ratsstube mit Abstand- und Wartzimmer sein sollen;

2.

Dass man dieses Schulhaus unter das Pfarrhaus, in gleicher Richtung mit demselben und wenigstens in 24 Fuss Entfernung von diesem stellen wolle;

3.

Dass man den Bau ausschreiben wolle.

                                                                                        

Am 20. Januar 1843 wurden die Arbeiten für das neue Schulhaus vergeben. Die Maurerarbeit erhielt Meister Hilpertshauser für 950 Gulden, die Zimmerarbeit Meister Niederer aus Heiden für 1850 Gulden zugesprochen. Bau, Hofstatt und Schreibpulte kosteten zusammen 21'792 Gulden 13 Kreuzer, wobei für die Hofstatt für 1004 Gulden 50 Kreuzer bezahlt wurde. Am 4. November 1844 fand die Einweihung des neuen Schulhauses statt. Das alte wurde abgetragen und an einem anderen Ort wieder aufgebaut.

Inzwischen zählte Speicher über 100 Schüler und die Dorfschulen waren überfüllt. Die Errichtung einer neuen Schule wurde zum dringenden Bedürfnis. Als der Gemeinde das schöne Vermächtnis von Seckelmeister Tobler zufiel, das „zur Erweiterung des Schulunterrichtes“ bestimmt war, beschloss der Gemeinderat am 11. November 1825, die Errichtung einer weiteren Schule in der Erlen anzugehen. Der Gemeinderat ordnete am 5. Mai 1826 eine Spendensammlung an, um durch die freiwilligen Beiträge zu erfahren, wie die Stimmung im Volk für einen neuen Schulhausneubau war. Der Umgang hatte grossen Erfolg, indem von den Gemeindebewohnern 2880 Gulden 35 Kreuzer versprochen wurden. Der Neubau war damit gesichert und Johannes Rechsteiner wurde mit den Arbeiten beauftragt. Das neue Schulhaus in der Erlen kostete, ohne das in den Gemeindewaldungen gefällte Holz, 2800 Gulden.

Am 5. Mai 1828 nahm die Vorsteherschaft einen Antrag der Schulkommission an, der sich auf die Einteilung der Schulbezirke ob dem Holz bezog. Danach gehörte zum Schulbezirk Erlen alles, was südlich vom Bruggmoosbach und der Teufenerstrasse liegt. Auch die Schüler aus den Häusern im Sitz und in der Buchschwende müssten den Unterricht in der Erlen besuchen. Am 8. Mai 1828 fand die Einweihung des neuen Schulhauses statt.

Am 3. April 1832 traten die Erben von Johannes Tobler sel. zum Anker, die Hofstatt für die Schule in der Erlen ab, weil ihnen der Erlass einer Steuernachzahlung angeboten worden war. Zum Grundstück gehörte auch ein Drittel des Wassers vom Brunnen von Alt- Landesfähnrich Tobler. Das Wasserrecht hatte Johannes Tobler vom Alt - Landesfähnrich am 28. Oktober 1827 für 300 Gulden gekauft.