1. |
Der Zweck der Gesellschaft besteht in der Stiftung
eines Fonds zu Ankäufen von Getreidearten, roh oder gemahlen, je nach den
Verhältnissen und Bedürfnissen, zur Steuerung der Not bei allfälligem
Misswuchs und Teuerung. |
2. |
Jeder Gemeindebewohner hat unter nachfolgenden
Bedingungen freien Zutritt zur Gesellschaft. |
3. |
Zur Besorgung der Geschäfte erwählt die Gesellschaft
ein Komitee von fünf Mitgliedern für ein Jahr, bestehend aus einem
Präsidenten, einem Vizepräsidenten, einem Aktuar, einem Einzieher und einem
Beisitzer. |
4. |
Der Fond der Gesellschaft wird durch monatliche
Beiträge sämtlicher Mitglieder gestiftet. Der einfache Beitrag beträgt
monatlich 24 Kreuzer. Es steht indessen jedem Mitgliede frei, auch mehrfache
Beiträge zu entrichten. |
5. |
Diese Beiträge können monatlich oder vierteljährlich
beim Einzieher abgelegt werden; jedenfalls aber sollen die betreffenden
Beiträge vierteljährlich eingezogen und bei dem Präsidenten abgelegt werden,
und dieser soll, insofern keine Ankäufe gemacht werden, gehalten sein, so
bald als möglich selbige zinstragend zu machen. |
6. |
Jedem Mitglied steht der Austritt aus der
Gesellschaft frei, jedoch nur gegen Zurücklassung eines Sechstels der Einlagen. |
7. |
Wenn ein Mitglied aus der Gemeinde zieht oder seinen Anteil sonst an jemand
abtreten will, so steht es ihm frei, letzteres zu tun oder mit Zurücklassung
eines Sechstels vom Guthaben der Einlagen auszutreten. |
8. |
Wenn jemand von der Gesellschaft stirbt, so können
seine Erben an dessen Statt in die Gesellschaft treten oder nach Abzug eines
Sechstels der Einlagen austreten. Und
so fort..... |
Eine weitere Anstalt ist die
Korn- und Mehlgesellschaft. Nachdem der Sonnenverein im März 1850 zu
günstigen Konditionen Korn und Mehl für etwa 2000 Gulden gekauft hatte, lud
er die Bewohner Speichers ein, an dieser Gesellschaft teilzunehmen. Obwohl
der Aufruf speziell an die ärmeren Einwohner erging, waren von den etwa 70
Teilnehmern nur wenige aus der ganz armen Bevölkerungsschicht. Diese Tatsache
widersprach dem Sinn des wohltätigen Zweckes, wie es auch in den von der Sonnengesellschaft
entworfenen Statuten hervorgeht. Wir wollen daraus einige der wichtigsten
Artikel erwähnen: Die Sonnengesellschaft hat in
der Absicht, edles und gemeinnütziges nach Kräften zu fördern und in
Beherzigung des Grundsatzes: „Spare in der
Zeit, so hast du in der Not“ im Jahr 1850 einen Verein ins
Leben gerufen, der sich die Anschaffung günstiger Getreide- und Mehlvorräte
zur Aufgabe stellt. |
1. |
Der Eintritt in diesen Verein steht allen Bewohnern
hiesiger Gemeinde jederzeit offen. Zur Aufnahme genügt einfache Anzeige an
den Präsidenten oder an den Einzieher. |
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2. |
Jedes Mitglied verpflichtet sich zur Zahlung eines
kleinen oder grösseren wöchentlichen Beitrages, nach Aktien à 4 Kreuzer
berechnet. |
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3. |
Die Beiträge können im Laufe der Zeit beliebig
entweder bis zu dem allfällig von der Direktionskommission festgelegten
Maximum erhöht oder bis zur einfachen Aktie von 4 Kreuzer vermindert werden. |
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4. |
Jedes Mitglied erhält bei einer allfälligen
Verteilung der vorhandenen Lebensmittel den ihm, nach Verhältnis seiner gemachten
Einlagen, zukommenden Anteil. |
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5. |
Eine Kommission von 7 Mitgliedern, bestehend aus
einem Präsidenten, Vizepräsidenten, Kassier, Aktuar, Einzieher und zwei
Beisitzern, steht dem Vereine vor und besorgt die vorkommenden Geschäfte. |
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6. |
Eine teilweise oder Gesamtverteilung der
Lebensmittel kann stattfinden: |
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a. |
wenn der vierpfundige Laib Brot durchschnittlich auf
wenigstens 34 Kreuzer zu stehen kommt; |
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b. |
wenn durch allgemeine Verdienstlosigkeit oder andere
unvorhersehbare Umstände die Lage und die Verhältnisse der arbeitenden Klasse
sich so gestalten, dass eine allgemeine, anhaltende Not eintreten würde; |
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c. |
wenn dem Vereine durch eine allzu lange Aufbewahrung
der Vorräte oder aus andern Gründen Schaden erwüchse. In allen
Verteilungsfällen ist zu einem gültigen Beschlusse die Zustimmung der
Mehrheit aller Stimmberechtigten erforderlich. |
7. |
Der Austritt steht allen Mitgliedern jederzeit frei,
nur verliert der Austretende 1/8 seiner gemachten Einlagen; die übrigen 7/8
aber werden ihm bis zur nächsten Verteilung gutgeschrieben. |
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8. |
Wegziehende Mitglieder können entweder Mitglieder
bleiben oder ihren Anteil verkaufen, oder auch unter den Art. 7 gegebenen
Bestimmungen den Austritt erklären. |
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9. |
Unter Bewohnern der Gemeinde darf kein Aktienverkauf
stattfinden. |
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10. |
Stirbt ein Mitglied, so werden den Hinterlassenen
desselben die vollen Einlagen bis zur nächsten Verteilung gutgeschrieben. |
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11. |
Die Mitglieder der Sonnengesellschaft verbleiben so
lange auch wirkliche Mitglieder der Korngesellschaft, als das Vorschusskapital
nicht vollständig zurückerstattet ist. Demzufolge haben sie auch in allen
Versammlungen der Korngesellschaft sowohl beratende als entscheidende Stimme
und im Verhältnis ihres Guthabens Anspruch auf die zu verteilenden Vorräte,
und überdies müssen der Präsident, der Einzieher und der Kassier aus der
Mitte der Sonnengesellschaft erwählt werden. Später haben ihre Glieder noch
beratende Stimme. |
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12. |
Die Abzahlung des Vorschusskapitals kann nur auf dem
Wege statuarischer Beitragsleistung geschehen. |
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13. |
Die der Sonnengesellschaft jeweils noch
geschuldete Summe wird bis zur gänzlichen Abbezahlung mit 4 Prozent verzinst. Mit der
Gesamtverteilung der Lebensmittel löst sich auch der Verein auf. Über einen
allfälligen Saldo hat eine Schlussversammlung zu verfügen. |
Die Sonnegesellschaft hatte
sich verpflichtet, für diesen Zweck ein Vorschusskapital von 2000 Gulden zur
Verfügung zu stellen. Das Geld verwendete man wegen den günstigen Preisen
sofort zu Fruchtankäufen. Diese Gesellschaft löste demnach bereits im Sommer
1852 auf. Im Frühling jenes Jahres
wurde, nachdem im Vorwinter eine Probe mit einem Fässchen Mehl Nr. 1 (beste
Sorte) befriedigend ausgefallen war, ein neuer Versuch mit einem weiteren
Fässchen gemacht. Diese Nr.2 brachte aber den Einkäufern kein Glück. Man kam
zur Überzeugung, dass das Mehl noch vor dem Sommer verbraucht sein müsste,
damit man ohne Schaden davonkäme. Die Gesellschaft beschloss daher, das Mehl
zu verbacken und dann als Brot frei verkaufen zu lassen. Weil aber das Brot mit solch schlechtem Mehl nicht
sehr schmackhaft war, verkaufte man auch eine Abteilung Fesen, um daraus die
Bäcker zu entschädigen, welche je ½ von ihrem Kernenmehl, ¼ von Nr.1 und ¼
von Nr.2 Fassmehl zu Broten buken. Dieses Brot war sehr
schmackhaft, kostete 2 Kreuzer weniger als das Halbbrot und fand ziemlichen
Absatz. Auf solche Art waren bis am 11. Juni alle 40 Fässer
Mehl verbacken. Die Korngesellschaft konnte, nachdem sie noch den übrigen
Fesen verkauft hatte, der Sonnengesellschaft den Vorschuss zurückzahlen.
Danach wurde die Verteilung des gelösten Geldes und die Auflösung des Vereins
beschlossen. Die Vereinsmitglieder konnten nun ihre Einlagen mit 17 ½ Kreuzer Gewinn pro
Gulden auszahlen lassen, da die Sonnengesellschaft auf jeden Profit
verzichtete. |