VI.
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Gemeinnützige Anstalten
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Der Staatsmann und Erfinder
Benjamin Franklin schrieb in einer Ausgabe seines „Armen Richard“: „Leget etwas für
das Alter und für Notdürftige zurück; denn die Morgenröte währt nicht den
ganzen Tag. Der Verdienst kann von kurzer Dauer sein; die Ausgaben aber sind
gewiss und dauern. Man kann leichter zwei Herde erbauen, als auf einem immer
Feuer halten.“ Die Notwendigkeit von diesem
„aufdieseitelegen“ erkannten 1819 auch zwei Gemeindebürger aus Speicher und
entschlossen sich, die erste Ersparniskasse des Landes zu gründen. Ratsherr
Schläpfer im Herbrig und der nachherige Landeshauptmann Zuberbühler wussten,
wie schwer es der ärmeren Volksklasse fiel, Ersparnisse anzuhäufen. Am 1. Januar 1820 liessen die beiden Gründer die
Verordnungen der „Zins tragenden Ersparniskasse“ publizieren und ermunterten
die Leute zu Einlagen. Die Verwaltung der Kasse wurde von beiden gemeinsam
übernommen. Die Sache hatte so grossen Erfolg, dass die beiden bereits 1834
erneuerte Statuten bekannt geben konnten, nach welchen sich die Anstalt zu
einer doppelten, d.h. in eine Zins von Zins tragenden und alljährlich Zins
zahlenden Ersparniskasse verändern würde. Sie taten dies mit folgenden Worten: „Wir Unterzeichnete, welche im Jahr 1819 die
Ersparniskasse gegründet und bisher verwaltet haben, sehen unsre Erwartungen
von dem Nutzen einer solchen Anstalt, die wir in der gedruckten
Bekanntmachung von 1.Januar 1820 aussprachen, in solche Masse erfüllt, dass
wir um so ermutigter unsre Zeit und Kräfte dieser Verwaltung ferner widmen
wollen“. So blieben sie die Verwalter
bis zum Tod von Ratsherr Schläpfer im Jahr 1840. Als Nachfolger führte der Sohn des Verstorbenen,
Johannes Schläpfer, zusammen mit Landeshauptmann Zuberbühler die bereits auf
einen hohen Stand gediehene Kasse. Von Januar 1844
bis Dezember 1848 war auch Gemeindehauptmann J.J Tanner Mitglied der
Verwaltung. Nach dem Tod von Landeshauptmann Zuberbühler übernahmen Ratsherr
Johannes Schläpfer, Dr. J. U. Rüsch und Eduard Tobler die gemeinsame Leitung
der Kasse. Nach dem Wegzug von Ratsherr Schläpfer nach St. Gallen trat 1850
an seiner Stelle Ratsherr Johannes Zürcher in die Verwaltung ein. Die Statuten für die „Zins
von Zins tragende Ersparniskasse“ vom Jahr 1834 setzen sich im Wesentlichen
aus folgenden Punkten zusammen: |
1. |
Jedem Einwohner, so wie anderswo wohnenden
Gemeindegenossen, steht der Zutritt offen. |
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2. |
Die Einlagen werden am ersten Tag im Januar, April, Juli und Oktober eingeschrieben
und fangen an Zins zu gewinnen. Einlagen in der Zwischenzeit werden auf das
folgende Vierteljahr geschrieben. |
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3. |
Jede noch so kleine Einlage wird angenommen und der
Zins dazu berechnet, sobald er in einem Jahr vollkommen 2 Kreuzer ausmacht. |
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4. |
Der Zins wird zu 4 und im folgenden Fällen zu 3 ½
Prozent am Ende des Jahres gutgeschrieben. Zu 3 ½ Prozent: |
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a. |
wenn Personen, die nicht Gemeindegenossen sind, ihr
Guthaben bei Verlassung der Gemeinde stehen lassen |
|
b. |
wenn eine einzelne sich hier aufhaltende, oder eine
hiesige auswärtswohnende Person 200 Gulden und mehr zu gut hat |
|
c. |
wenn zwei oder mehrere noch nicht selbständige
Geschwister oder Eltern mit noch nicht selbständigen Kindern zusammen 500 Gulden
oder mehr zu gut haben |
6. |
Jedes Guthaben wird auf Verlangen, gegen Abgabe des
Scheines, ganz oder teilweise zurückbezahlt. Von dem in bar Zurückbezahlten
wird ein Vierteljahrzins abgezogen. Bei Summen von 100 Gulden und mehr ist
das Aufkündungsrecht von einem Vierteljahr vorbehalten. |
Die Bestimmungen für die
alljährlich Zins bezahlende Ersparniskasse sind im Wesentlichen folgende: |
a. |
Wer Einlagen gegen alljährliche Verzinsungen machen
will, muss solches bei Abgabe derselben anzeigen, um die Einschreibung
darnach machen zu können. |
b. |
Die kleinste Summe, die auf solche Weise eingelegt
werden kann, ist 25 Gulden und die grösste 500 Gulden für eine Person. |
c. |
Wer ein Guthaben gegen jährliche Verzinsung hat,
kann auch ein Zins von Zins tragendes zugleich haben. Der Zins von 4 Prozent
wird für dieses letztere so lange berechnet, als es nicht für sich selbst in
die Ausnahmen fällt, die im 4. Art. bezeichnet sind (bei Zins von Zins
tragenden). |
d. |
Von den jährlich zu verzinsenden Einlagen wird
ohne Unterschied des Betrages 3 ½ Prozent gegen Vorweisung des Scheines
verzinst. Im übrigen gilt auch für diese Art. 2 |
e. |
Die Zinse werden alle bis zum 31. Dezember berechnet
und bezahlt, ausser es fände eine Rückzahlung innert dem Jahr statt. |
f. |
Bei Rückzahlungen findet der 6. Art. nach seinem
ganzen Inhalte auch hier seine Anwendung. |
In der folgenden Tabelle ist ersichtlich,
wie die Ersparniskasse benutzt wurde: |
Jahr |
Teilnehmer |
Einlagen |
Rückzahlungen |
Guthaben per 31. Dez. |
Reservefond |
||||
|
|
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
1819 |
34 |
715 |
|
8 |
41 |
721 |
28 |
2 |
19 |
1820 |
79 |
1311 |
52 |
16 |
20 |
2049 |
22 |
7 |
17 |
1821 |
183 |
3202 |
58 |
174 |
30 |
5212 |
24 |
31 |
41 |
1822 |
197 |
862 |
|
134 |
4 |
6159 |
2 |
66 |
25 |
1823 |
249 |
3114 |
14 |
3 |
42 |
9572 |
30 |
121 |
57 |
1824 |
282 |
3033 |
30 |
1240 |
30 |
11800 |
38 |
197 |
51 |
1825 |
323 |
4926 |
34 |
565 |
42 |
16735 |
|
292 |
30 |
1826 |
334 |
4133 |
56 |
3280 |
6 |
18235 |
4 |
420 |
|
1827 |
320 |
2813 |
30 |
5127 |
6 |
16582 |
6 |
565 |
10 |
1828 |
358 |
3414 |
12 |
830 |
28 |
19881 |
18 |
675 |
4 |
1829 |
352 |
3562 |
30 |
3836 |
40 |
20359 |
|
790 |
52 |
1830 |
378 |
3635 |
8 |
1840 |
4 |
22968 |
8 |
935 |
|
1831 |
362 |
3203 |
2 |
3812 |
44 |
23183 |
52 |
1111 |
10 |
1832 |
353 |
3421 |
14 |
3044 |
4 |
24427 |
|
1267 |
16 |
1833 |
353 |
4864 |
40 |
4755 |
54 |
25447 |
28 |
1415 |
15 |
1834 |
369 |
5136 |
42 |
3786 |
16 |
27804 |
48 |
1792 |
55 |
1835 |
393 |
5708 |
|
16212 |
2 |
29658 |
4 |
1661 |
11 |
1836 |
424 |
6288 |
28 |
4839 |
58 |
31913 |
48 |
1792 |
55 |
1837 |
459 |
8278 |
10 |
6854 |
30 |
34264 |
24 |
1927 |
30 |
1838 |
456 |
6952 |
54 |
8379 |
28 |
33746 |
52 |
2082 |
29 |
1839 |
465 |
6530 |
26 |
7043 |
2 |
34179 |
32 |
2259 |
32 |
1840 |
459 |
6107 |
50 |
5513 |
16 |
35766 |
50 |
2485 |
56 |
1841 |
485 |
|
|
|
|
37768 |
8 |
2692 |
40 |
1842 |
497 |
6818 |
6 |
4555 |
40 |
41206 |
26 |
2895 |
14 |
1843 |
509 |
6566 |
|
4040 |
54 |
45011 |
14 |
3135 |
49 |
1844 |
529 |
10484 |
51 |
5094 |
12 |
51818 |
53 |
3404 |
|
1845 |
568 |
11716 |
15 |
9040 |
46 |
55968 |
8 |
3765 |
57 |
1846 |
589 |
9488 |
52 |
7824 |
58 |
59192 |
26 |
4164 |
57 |
1847 |
606 |
11004 |
49 |
8542 |
12 |
63207 |
39 |
4572 |
55 |
1848 |
662 |
5805 |
50 |
9555 |
12 |
61034 |
51 |
5098 |
11 |
1849 |
694 |
12339 |
36 |
6957 |
2 |
68150 |
33 |
5097 |
16 |
1850 |
705 |
12414 |
36 |
16807 |
39 |
65499 |
24 |
5070 |
48 |
Der Reservefond dient in
erster Linie zur Deckung von allfälligen Verlusten, kann aber, sobald er nach
Abzug der Verwaltungskosten und der laufenden Zinsen von den Schuldtiteln bis
Ende des Jahres 10'000 Gulden beträgt, auf folgende Weise benutzt werden: Wenn der erste Drittel des jährlichen Vorschusses so
viel beträgt, dass den Einlegern eine Dividende oder einen Zinszulage von
wenigstens 10 Prozent vom betreffenden Zins des Guthabens gutgeschrieben
werden kann, so soll derselbe dazu verwendet werden und alljährlich auf
diesem Fuss die Dividende bezahlt werden, bis der Vorschuss durch
alljährlichen Zuwachs so viel beträgt, dass ein Drittel desselben 20 Prozent
des Zinses beträgt, welche sodann den Einlegern zu vergüten wären etc.. Das zweite Drittel behält die Ersparniskasse zur
Vergrösserung des Vorschusses. Das dritte Drittel des alljährlichen Vorschusses
bezieht die Gemeindeverwaltung zur Erweiterung des Schulunterrichtes auf
gutfindende Weise. Wir hoffen, dass diese
Stiftung noch lange zum Wohl der Gemeinde fortbestehen und immer fleissiger
benutzt werden kann. Für die Möglichkeit, in besseren Tagen etwas für
schlechtere Zeiten auf die Seite legen zu können, werden wir den Gründern
bestimmt noch lange danken. |