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Wenn wir von der
Sittengeschichte reden, gehören natürlich auch die Kriegs- oder
Söldnerdienste dazu. Der Söldnerdienst war früher
ein Erwerbszweig, welcher aber in der heutigen Zeit für einen freien Schweizer
als unwürdig angesehen wird. Früher galt er auch als „Ableiter“ von
arbeitsscheuen Leuten, von denen aber ein Teil noch verdorbener heimkam, als
er fort ging. Diese Dienste wurden aber auch gefördert und als gute Schule
für Offiziere ausgegeben, weil man dadurch reichliche Pensionsgelder in die
Kassen der Ratsmitglieder erhoffte. Wenn dies in Speicher auch
nicht der Fall war, so zogen doch auch von hier aus viele Leute in
italienische, französische, holländische und andere Kriegsdienste. Das hiesige Totenbuch weist an die 100 Bürger auf,
welche in fremden Kriegsdiensten gestorben sind. Viele weitere sind nach
vollendeter Dienstzeit wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. Da Paraden,
Exerzieren, Kasernenleben und anschliessend sterben für uns zu wenig
interessant sind, beschränken wir uns auf die Erwähnung derjenigen, welche
sich in auswärtigen Diensten auszeichneten. Höhere Militärgrade erlangten
folgende Speicherer: |
Laurenz Roth (der
Bartholome): Er trat um 1770 in
holländische Dienste ein und wurde von der Fähnrich bis zur Kapitänsstelle
befördert. Als 1796 die Schweizertruppen in Holland entlassen wurden, erhielt
er wegen seines 20 - jährigen Dienstes eine jährliche Pension von 400 Gulden.
Daran war aber die Bedingung geknüpft, dass er die Pension in Holland
verzehren müsse. Er verheiratete sich mit dem Regimentskind Lisette Bahr, mit
welcher er mehrere Kinder zeugte. Als die Kapitulation mit Holland erneuert
wurde, hätte er eine Hauptmannsstelle erhalten, welche er aber ablehnte und
sie mitsamt der jährlichen Vergütung an einen Schoch abtrat. Im gleichen Jahr
vertauschte er das Bürgerrecht von Speicher mit demjenigen in Holland. |
Johannes Roth: Der Bruder des obigen Laurenz
Roth trat 1780 ebenfalls in holländische Dienste ein und stieg bis zur
Entlassung der Schweizertruppen zum Leutnant empor. Weil seine Dienstzeit
aber zu wenig lange gedauert hatte, musste er ohne Pension nach Hause
zurückkehren. Kurz darauf trat er in dänische und 1807 in französische
Dienste ein, wo er bis zum Hauptmann befördert wurde. Wegen seiner gestörten
Gesundheit musste er aber schon nach zwei Jahren wieder entlassen werden. Von
den Franzosen bezog er zwischen 1809 und 1813 eine Pension von 300 Franc. Er
starb im Elsass. |
Hans Jakob Mötteli: Mötteli kam 1796 nach der
Entlassung seiner Kompanie aus Holland nach Hause zurück und verzehrte da
sein erworbenes Gut. Er starb 1812 auf der Reise nach Frankreich, wohin er
sich erneut verdingt hatte. |
J. J. Altherr: Des „Bäcklis“ Sohn starb 1827
in Namur im Alter von nur 31 Jahren. Er war in seiner Garnison bis zum ersten
Leutnant aufgestiegen. |
Michael Schläpfer: Der Sohn von Hauptmann
Johannes Schläpfer im Flecken diente als Fähnrich der Schweizertruppen in
Holland. Man beförderte ihn zum Kapitän-Leutnant in der Kompanie Steiger. Er
starb 1760 in Namur und hinterliess in Berbice, einer Landschaft in Südamerika,
eine 500 Juchart lange und 48 Juchart breite Plantage (die Juchart à 96
Schritte berechnet), welche die Erben anfangs behielten, dann aber mit
grossem Verlust verkauften, weil die Engländer 1781 Berbice den Holländern
entrissen. Die Erben waren seine 2
Brüder, Hauptmann Ulrich Schläpfer und Leonard Schläpfer und seine 3
Schwestern. |
Die höchsten Auszeichnungen in
fremden Diensten erhielten aber folgende Gemeindegenossen: |
Laupacher, Vater und Sohn: Aus einfachen Verhältnissen
stammend, trat Andreas Laupacher 1744 als Freiwilliger in
königlich-sardinische Dienste ein. Im Schweizerregiment von Oberst Meier aus
Herisau erhielt er sofort die Stelle des Fähnrichs, die er am Tag der
Schlacht bei Chiesso vortrefflich verwaltete. Unter Lebensgefahr rettete er
die 4 Fahnen des Regiments vor der Front der französischen Batallione, welche
feuernd auf sein kleines Detachement zumarschierten. Als geschickter Rechnungsführer
mit der ausserordentlichen Gabe, seine Gedanken, Pläne und Berichte fliessend
vortragen zu können, wurde er bereits am 15. Juli 1745 auf den wichtigen
Posten eines Aide-Majors vom Regiment befördert. Diesen Rang bekleidete er
dann 22 Jahre lang mit Auszeichnung, was ihm 1767 die Stelle eines Kapitän-Majors
und 1777 die eines Brigade-Majors einbrachte. Laupacher galt zu seiner Zeit
als einer der besten Majors. Er kannte alle Details dieser wichtigen Stelle
und führte den Dienst mit höchster Pünktlichkeit und grossem Eifer aus. Seine
Treue zum Fürsten, aber auch seine strenge Handhabung der Disziplin und die
väterliche Sorge für die Untergebenen brachten ihm Liebe, Achtung und
Gehorsam ein. Ob bei der Belagerung von Tortona, den Erstürmungen von Balence
und Asti, beim heftigen Gefecht von Campo Chieso, wo das Regiment wegen des
gegenüber den Franzosen und Spaniern hartnäckig geleisteten Widerstandes
grösstenteils aufgerieben wurde, oder beim Sieg in Col de l’Assiette und
vielen anderen Schlachten; er bewies Mut und Unerschrockenheit und führte
seine Truppen mit dem Talent eines geschickten Stabsoffiziers. Er starb 1782
nach 38 - jähriger Dienstzeit in Novarra, als Kommandant des ersten
Batallions vom Regiment Carignan. Laupacher hinterliess einen
am 10. August 1749 in Cagliari geborenen Sohn. Obschon dieser noch sehr jung
war, wurde er schon früh Kapitän-Major
und Nachfolger seines achtenswerten Vaters und stieg später sogar zum Rang
eines Obersten empor. Nach der französischen Revolution wurde Sardinien von Napoleon
eingenommen. Das Regiment von Oberst Laupacher wurde aufgelöst und er bekam
eine Pension. Er starb am 4. Sept. 1813 nach einer achttägigen Krankheit in
Turin. Seinen armen Erben konnte er nichts hinterlassen, weil er sein
Vermögen gutgläubig einem Kaufmann anvertraut hatte und dabei alles verlor.
Das Geschlecht der Laupacher oder Lopacher starb in Speicher 1815 aus. |
Hans Konrad Schittli: Mehr durch sein tragisches Schicksal als durch
eigentliche Verdienste wurde Hans Konrad Schittli bekannt. Nachdem er 13
Jahre in venezianischen Diensten gestanden hatte, wurde er von den Türken
gefangen genommen. Er musste während 20 Jahren und 7 Monaten elende
Sklavendienste verrichten und hatte dabei viele Gefahren zu überstehen. Unter
anderem schlug der Blitz zweimal in die Galeeren ein. Die Winter musste er in Korinth, Saloniki oder
Natolie verbringen. 1719 gelang ihm und 6 anderen Sklaven die Flucht in einem
Boot. Nachdem sie 3 Tage ohne Essen und Trinken auf dem weiten Meer gefahren
waren, wurden sie von einem venezianischen Schiff aufgenommen, welches sie
nach Venedig brachte. Von dort kehrte Schittli froh und wohlbehalten nach
Hause zurück. Er heiratete am 12. April 1724 im 50. Altersjahr. |