1. |
Ob man wieder einen neuen
Helm oder eine Kuppel machen, oder |
2. |
einen neuen Turm bauen, oder |
3. |
ob man einen ganz neuen
Kirchen- und Turmbau vornehmen wolle. |
Die Kirchhöre entschied sich
trotz des Angebotes des damaligen Bauherrn Johannes Rechsteiner, welcher für
100 Louisdor wieder alles instand stellen und einen neuen Helm machen wollte,
für einen ganz neuen Kirchenbau. Die Vorsteher zogen zu den
Beratungen auch Pfarrer Zuberbühler bei und beschlossen, schnell Hand ans
Bauwerk zu legen. Sie legten freiwillig 3350 Gulden zusammen und machten
damit den einen schönen Anfang zur Sammlung, welche sie mit einem
angeordneten Umgang am 15. Oktober durch weitere freiwillige Beiträge
vergrössern wollten. Obwohl das Ergebnis von etwa 16'000 Gulden sehr
erfreulich war, leuchtete es doch jedermann ein, dass das versprochene Geld
für einen solchen Bau noch lange nicht ausreichend war. Die Kirchhöre an
Martini beschloss nach dem Bericht der Vorsteher, mehr Agaben von den Leuten
zu fordern, was dann auch mit gutem Erfolg geschah. Zudem zog man die 14
reichsten Männer Speichers bei, damit alles besser und williger von Statten
ging. Dass man mit der Besteuerung der Vogtkinder ihr Vermögen um 1/3
herabsetzte, fanden die Vorsteher und beigezogenen Männer nur Recht und
Billig. Im Weiteren wurde bestimmt, dass von Verstorbenen 2,4% des Vermögens
zum Kirchenbau eingezogen würde. Damit man sich ein Bild der damals üblichen
Kirchenbauten machen konnte, wurde am 11. Juni 1805 eine Kommission
beauftragt, neuere Kirchen zu besuchen. Auf ihren Bericht hin wählte sich die
Gemeindeversammlung die Grösse der Teufener Kirche und die Form derjenigen
von Trogen. Der im Herbst 1805 erneut
ausgebrochene Krieg zwischen Frankreich und Österreich verursachte einen
Stillstand in den Bestrebungen des Kirchenbaus. Sobald der Frieden wieder
hergestellt war, beschlossen die Verantwortlichen am 23. Januar 1806, das
Projekt voran zu treiben. Zuerst wollte man eine möglichst einfache Kuppel
bauen, doch während des folgenden Winters wurden die Verantwortlichen von der
Unzulänglichkeit des Bretterdaches auf dem Kirchenturm überzeugt, dass man
die Uhr und den Glockenstuhl besser schützten müsste. Im September 1807 ging
man deshalb mit neuem Eifer an die Verwirklichung des schon beschlossenen
Bauprojektes. An der Kirchhöre vom 27. September wurde der Beginn des
Kirchenbaues beschlossen, die zugezogenen reichen Männer aus der Kommission
entlassen und ein neuer Baurat gewählt. Er bestand aus Statthalter Johannes
Schläpfer, Alt- Statthalter B. Rechsteiner, Alt- Kreissatthalter J.K. Tobler,
Hauptmann K. Schläpfer auf der Brugg, Ratsherr J.U. Rüsch auf der Röhrenbrugg,
Ratsherr U. Koller und Ratsherr G.L. Schläpfer im Kaufhaus. Alt-
Kreisstatthalter Tobler verlangte die Entlassung aus dieser Baukommission und
wurde durch Hauptmann und Kopieschreiber Rüsch ersetzt. Alt - Landschreiber
Tobler wurde 1804 von Alt- Statthalter Rechsteiner veranlasst, einen Plan für
die neue Kirche zu machen, wobei der Entwurf der Form der Kirche in Horgen
glich. Diese war eiförmig und mit vier Einschnitten gebaut worden. Diejenige
von Tobler hatte aber nur gerade Linien, damit die Kirche leichter zu bauen
war, als eine mir krummen Flächen. Tobler überbrachte den Plan Alt-
Statthalter Rechsteiner, welcher ihn wohlwollend aufzunehmen schien, ihn aber
auf die Seite legte. Nur durch einen gewissen Wink kam er in die Hände der
Baukommission. Diese zerfiel darüber bald in zwei Parteien, welche mit grossem
Eifer ihre Ansichten geltend machen wollten. Pfarrer Zuberbühler stelle
deshalb ein Modell aus Karton im Sinn von Alt- Kreisstatthalter Tobler her,
der eine ganz einfache Kirche bauen wollte. Nun wurde auch Alt- Landschreiber
Tobler von der gegnerischen Partei gebeten, ein solches Modell auch von
seinem eigenen Plan zu machen. Die Entscheidung über die zu bauende Form
wurde am 4. Oktober 1807 der Gemeindeversammlung überlassen, indem ihnen nach
dem Austritt des Statthalters Tobler aus der Kommission zwei Modelle zur
Auswahl vorgelegt wurden. Man hatte sich auf die Kirchenformen von Trogen und
Horgen geeinigt. Für beide Projekte wurden Vertreter bestimmt, von welchen
besonders Alt- Statthalter Rechsteiner und Ratsherr Johann Ulrich Rüsch mit
überzeugender Rednergabe ausgestattet waren. Rechsteiner sprach für die Form
der Trogener Kirche, Rüsch hingegen war vom Plan von Alt - Landschreiber
Tobler überzeugt. Als die Diskussion beendet war, stellte Hauptmann K.
Schläpfer die Frage: „ Ob man die Kirche von Trogen, die alle kennen,
oder das neue achteckige Modell, welches zu jedermanns Ansicht auf der
grossen Ratsstube stehe, zum Muster des Baues nehmen wolle?“ Da rief jemand, man solle das
Modell in die Kirche bringen, oder ob es so gross sei, dass es hier keinen
Platz hätte? Obwohl das Volk darüber lachte, wurde das Modell herbeigeschafft
und auf den Taufstein gestellt. Gleich hiess es von verschiedenen Seiten: „Das ist gut genug“. Zirka ¾ der
Stimmen sprachen sich nun für das Modell einer achteckigen Kirche aus und
gleichzeitig wurde Konrad Langenegger aus Gais zum Baumeister ernannt.
Erzürnt über das Ergebnis der Kirchhöre quittierte Alt- Kreisstatthalter
Tobler das hiesige Gemeinderecht. Die Gegner des „Horgener“ Planes machten nun
den Befürwortern Vorwürfe, einen solchen Mann so erbittert zu haben. Diese
erklärten, dass sich Speicher von niemandem dominieren lassen müsse, da es
aus eigener Kraft dastehen könne. Aber auch nach dieser Kirchhöre wurden
immer wieder kritische Stimmen laut, wenn es um die Gestaltung im innern der
Kirche ging. So wurde die Platzierung der Kanzel, der Treppe dorthin und auch
der Emporen kritisiert. Bei all diesem Kleinkrämertum kommt uns unwillkürlich
jener Bewohner von Schwende in den Sinn, dem beim Beginn des Kirchenbaus ein
Dorfbewohner sagte: „Ma chönt jetzt die alt Chercha gad i d’Schwendi abi
tua“, und der dann die treffende
Antwort gab: „Seb wär recht, ehr hettid denn im Dorf die
stritende ond mer i der Schwendi die triumphierende Chercha“. Doch kehren wir zur
Kirchengeschichte zurück, denn gleich nach der Kirchhöre traf die
Baukommission die nötigen Anordnungen zum Kirchenbau und machte mehrere
Arbeitsverträge: |
1. |
Mit Meister Langenegger aus
Gais, der den Bau der Kirche und des Turms für 16'800 Gulden übernahm. (Die
Gemeinde musste ihm überdies die nötigen Baumaterialien anschaffen) |
2. |
Mit den Gebrüdern Bischofberger
aus Heiden, welche das Brechen der Quader, das Stück à 45 Kreuzer besorgten. |
3. |
Mit dem Steinbrecher Franz
Anton Greber, der das Klafter Steine für 6 Gulden sprengte. |
4. |
Mit Löwenwirt Kriemler und
Hans Frehner, welchen man für das Klafter Steine 3 Gulden 45 Kreuzer Fuhrlohn
gab. Für das Heranführen eines Quadersteins erhielt Löwenwirt Kriemler 26
Kreuzer. |
5. |
Mit Hans Ulrich Schittle im
Eggli, der gegen das Recht, dass die Gemeinde so viel Quader brechen durfte,
als sie zu Kirche und Turm brauchte und die auch noch den Abfall davon zu
Mauersteinen benutzen konnte, 300 Gulden erhielt. Er versprach, die
Mauersteine für 7 Kreuzer per Fuder auf den Platz zu bringen. |
6. |
Mit J.J. Baumgartner, der gegen
einen Preis von 121 Gulden der Gemeinde erlaubte, in seinem Steinbruch
Mauersteine zu brechen. |
7. |
Mit. J.B. Rechsteiner, dem
man mit 550 Gulden das Recht abkaufte, in seinen Steinbrüchen die für die
Kirche, den Turm und die Kirchhofmauer benötigen, harten Mauersteine brechen
zu dürfen. Zudem erhielt man das Recht, dass man die Steine auf dem Platze
aufschichten und die kleinen für die Strasse gebrauchen könne. |
8. |
Mit Johannes Locher, Müller
aus Horn, welcher der Gemeinde für 300 Gulden 532 Fuss hageneichenes Holz
nach den bezeichneten Stücken franko bis zum Bäcker im Hagenbuch liefern
musste. |
9. |
Mit Johannes Kellenberger,
der Steinplatten von jeder bezeichneten Grösse nach bestimmten Preisen zu
liefern hatte und welcher dafür drei Winter Garantie zu leisten hatte. |
Das Holz
wurde in den Gemeindewaldungen im Unterbach und auf dem Horst gefällt. Es
wurden gegen 200 Tannen gefällt, wovon 125 Klötze in die Sägerei kamen. Nachdem die Baukommission die nötigen Vereinbarungen
getroffen hatte und die Mitglieder des Gemeinderates und der Baukommission zu
Aufsehern beim Bau bestimmt waren, wobei je einer für eine Woche Aufsicht
halten musste, wurde zum Bau geschritten. Man hatte Lokalitäten für den Gottesdienstes
bestimmt: Für den Sonntag wurde der Saal im Herbrig; für den
Wochengottesdienst die Ratsstube benutzt. Im Oktober 1807 wurden die versprochenen
Kirchenspenden eingezogen, damit die Handwerker und Lieferanten entlöhnt werden
konnten. Der Anfang wurde am 4. April
1808 mit dem Abbruch des Glockenhauses gemacht. Am 5. April wurden die
Glocken aus dem Turm genommen und in einer extra dafür erbauten Hütte neben
dem jetzigen „Hirschen“, wo jetzt das Spritzenhaus steht, zum Läuten
eingerichtet. Zugleich wurde die Turmuhr in das Haus von Johann Ulrich Rüsch
auf dem Kirchenplatz gebracht. Der Turm wurde bei schlechter Witterung in der
zweiten Aprilwoche abgebrochen. Am hl. Ostersonntag Nachmittag, dem 17. April
1808, hielt Pfarrer Zuberbühler in Gegenwart einer grossen Volksmenge die
letzte Predigt in der alten Kirche über Johannes 4, 20.33. In der dritten
Aprilwoche wurde bereits das Ziegeldach heruntergenommen, wobei die Kinder
Ziegel bieten mussten. Am 22. April fand die erste Abdankung für ein Kind auf
der grossen Ratsstube statt und am 29. April wurde bei der Beerdigung von
Alt- Hauptmann Sigmund Baumgartner die erste Predigt im oberen Herbrig
gehalten. Am 14. Mai legte man den Grundstein zur neuen Kirche. Pfarrer
Zuberbühler hielt am 20. Juni in Gegenwart von 19 Geistlichen und vielen
Zuhörern die Ecksteinpredigt über Mathäus 16, 18. Die mit Musik begleitete
Feier wurde mit folgender Zeremonie begleitet: Der Pfarrer erhielt vom
Baumeister einen mit Bändern umwickelten Hammer, mit welchem er dreimal auf
den Stein schlug und mit kurzen Worten den Tempel der heiligen Dreifaltigkeit
weihte. Anschliessend überreichte er
den Hammer dem ersten Beamten der Gemeinde, Statthalter Schläpfer, welcher
ebenfalls drei Schläge tat, wie dann auch der regierende Hauptmann Johann
Ulrich Rüsch, aus dessen Händen der Baumeister den Hammer zurückerhielt.
Statthalter und Hauptmann machten bloss eine stumme Zeremonie. Der Eckstein trägt folgende
Inschrift: „Geleget ist zu
Gottes Ehr Zum Tempel reiner
Christuslehr Der Eckstein, den
ich hier betracht Im Jahr Tausend
acht hundert acht.“ An diesem Tag verköstigte die
Gemeinde im Ochsen 60 Personen, welche sich aus Geistlichen, Amt-,
Hauptleuten und Räten zusammensetzten. Während sich die Kosten im Ochsen auf
150 Gulden beliefen, wurden für die Arbeiter im Löwen nur 54 Gulden 46
Kreuzer ausgegeben. Letztere erhielten bei dieser Gelegenheit wenigstens von
den Leuten, welchen sie auf der Strasse begegneten, 120 Gulden. Dieses Geld
wurde dann unter den Handwerkern aufgeteilt, wobei jeder Balier (Polier) 4
Gulden, jeder Steinhauer 2 Gulden und jeder Maurer, Zimmermann und Handlanger
1 Gulden erhielt. Der Bau ging zügig voran. Gegen Ende August erreichte der
Turm bereits die Kirchenhöhe. Anfangs Oktober 1808 wurde bei günstiger
Witterung der Dachstuhl auf die Kirche gebracht. Am 12. Oktober hielt
Sebastian Zellweger aus Trogen, der Schwiegersohn des Baumeisters und
Aufsehers während des Kirchenbaus, den Firstspruch. Danach zogen die Arbeiter
mit dem Firsttännchen von Haus zu Haus und bekamen 80 Gulden Bargeld und dazu
114 Hals- und Nastücher geschenkt. Bis auf 6 Maurer und Steinmetze, welche
noch weiterhin beschäftigt werden konnten zog der Hauptteil von ihnen schon
am Freitag, dem 13. Oktober, weiter. Das Ziegeldach wurde am 12. November
hinauf gebracht. Nach einer Winterpause fanden sich die Arbeiter im März 1809
wieder ein. Am 22. Juni entschied der Baurat, dass der Turm im Taglohn um 4
Quaderschichten höher gebaut würde, als es der Plan und Bauvertrag vorschrieb.
Damit erreichte der Mauerstock des Turmes eine Höhe von 110 Fuss, die Kuppel
bis zum Knopf 45 Fuss und die Kirchenmauer 36 Fuss. Mitte September 1809
wurde die Kuppel auf dem Turm erstellt. Inzwischen, und auch noch später,
wurden die anderen Arbeiten an und in der Kirche fortgesetzt und vollendet.
Während des ganzen Kirchenbaus waren keine schweren Unglücksfälle zu
verzeichnen, ausser demjenigen von Dachdecker Gebhard Mettler aus Urnäsch,
welcher am 25. Oktober 1808, Vormittages um 10 Uhr, vom Kirchendach 40 Fuss
herab stürzte. Weil er zuerst auf das Gerüst und dann rückwärts auf Schnee
und Erde fiel, wurde ihm das Kreuz tief eingedrückt, was ihm heftige
Schmerzen bereitete. Er wurde auf einem Bett in sein Haus nach Teufen
gebracht, wo ihn Dr. Tobler gottlob glücklich kurieren konnte, so dass er,
noch ehe die Kirche ganz gedeckt war, seine Arbeit wieder fortsetzen konnte.
Zur Deckung der Ausgaben wurde am 21. März 1808 eine weitere Kollekte
angeordnet und die dabei versprochenen Gelder im Vorsommer 1809 eingezogen.
Anfangs 1810 wurden die Kirchenörter vergantet, wobei die für die neu
verkauften laut Archiv 10'090 Gulden gelöst wurde. Der Gemeinde blieben neben
175 Plätzen nur noch diejenigen auf der Empore. Am 8. April 1810 hielt
Pfarrer Zuberbühler die Einweihungspredigt mit dem Thema „Heiligkeit sei die
Zierde deines Tempels ewiglich“. Als Zuhörer waren von den eingeladenen
Beamten alle bis auf einen der Einladung gefolgt, während von den Geistlichen
die höchsten Häupter ihres Standes zugegen waren. Von den anderen Zuhörern
hatte es so viel, dass die Kirche fast zweimal hätte gefüllt werden können.
Die anwesenden Beamten und Geistlichen versammelten sich wieder, wie bei der
Ecksteinpredigt, auf der Ratsstube und zogen um 9 Uhr mit Glockengeläut und
Musik in die Kirche. Den Zug beschlossen Landweibel und Läufer in der
Standesfarbe. Die Instrumentalmusik stand zum Empfang bei der grossen Pforte
und stellte sich nachher in zwei Reihen beim Taufstein auf, wo sie vor und
nach der Predigt einige Stücke spielten. Nach der Kirche zog der Festzug
unter Musikklängen zum „Ochsen“, wo für die hohen Gäste, Amt-, Hauptleute und
Räte, Sänger und Musikanten, ein Festessen zubereitet worden war, welches
durch Trinksprüche und Musikeinlagen gewürzt wurde. Bereits um 13 Uhr waren
Kirchhof und Kirchenplatz wieder voll gestopft mit Leuten, denn um 14 Uhr
bewegte sich der Zug wiederum durch das Gedränge des Volkes zur Kirche. Voran
schritt die Feldmusik, dann folgten als Sängerinnen 16 weissgekleidete Jungfrauen
mit entblösstem Haupt und mit durch Blumen und Bänder gezierten Haaren. Ihnen
folgten obrigkeitliche und geistliche Herren mit der Standesfarbe und
schlussendlich die Sänger und Mitglieder des Orchesters. Den Beamten und
Geistlichen, sowie der Noblesse von Speicher, Trogen und St. Gallen wurden
die Plätze auf der Empore frei gehalten. Der Pfarrer sass in seinem Stuhl.
Nach einem kurzen Eröffnungswort des Dirigenten und Alt- Landschreibers
Tobler begann das „Te deum laudamus“, welches rund 1 ½ Stunden dauerte.
Dieses Werk erhielt so viel Beifall, dass es 14 Tage später im „Ochsen“ noch
einmal aufgeführt werden musste. Wie sich nun die Gemeinde Speicher seines
schönen Gotteshauses erfreute, regte sich auch immer mehr der Wunsch, ein
entsprechendes Geläut zu besitzen. Da die Vorsteherschaft anfangs noch nicht
dazu bereit gewesen war und noch immer keine Hand bieten wollte, holten sich
die eifrigsten Freunde eines neuen Geläutes bei Landammann Schmied die
Bewilligung zu einer Kirchhöre. Auf die Einsprache der Vorsteher wurde die
Kirchhöre zwar nicht durchgeführt, aber die Befürworter hatten ihr Ziel auch
so erreicht. Der Gemeinderat beschloss nämlich am 18. Mai 1810, eine Sammlung
durchzuführen und folgende Fragen an die Stimmfähigen zu richten: |
1. |
Ob man das alte Geläute
behalten wolle, oder |
2. |
ob man eine Veränderung in
den kleinen Glöcklein vornehmen und noch eine grosse Glocke dazu kaufen, oder |
3. |
ob man ein ganz neues Geläute
anschaffen wolle. |
Die Mehrheit entschied für die dritte
Frage. Bei zwei Umgängen, welche für die neuen Glocken gehalten wurden, kamen
folgende Gelder zusammen: |
Von den Gemeindegenossen ob
dem Holz |
9’222 |
Gulden |
47 |
Kreuzer |
Von den Gemeindegenossen
unter dem Holz |
136 |
Gulden |
|
|
Von verschiedenen
Gemeindegenossen als Nachtrag |
172 |
Gulden |
|
|
Von den Vogtkindern |
1’126 |
Gulden |
|
|
Summa |
10'657 |
Gulden |
47 |
Kreuzer |
Nun trat man in Verhandlungen
mit den folgenden drei Glockengiessern: Rosenlächler in Konstanz, Gebrüder
Grasmeier in Feldkirch und Gebrüder Koch in Ravensburg und Salmansweiler. Der
Entscheid fiel zugunsten von Rosenlächler, mit welchem am 30. Oktober 1810
folgende Vereinbarung geschlossen wurde: Nach dieser hatte
Rosenlächler: |
a. |
5 Glocken zu giessen, wobei erste etwa 78 Zentner
schwer mit dem Ton B, die zweite 40 Zentner schwer mit dem Ton D, die dritte
22 Zentner schwer mit dem Ton F, die vierte 12 Zentner schwer mit dem Ton B
und die fünfte 6 Zentner schwer mit dem Ton D zu liefern waren. Alle Glocken
hatten ein Gewicht 158 Zentner Konstanzer Gewicht. |
b. |
Die Glocken auf seine Kosten und sein Risiko nach
Rorschach zu liefern und das Material dort in Empfang zu nehmen. |
c. |
Dem Tarnsport der Glocken bis hierher und dem Hängen
derselben in den Turm beizuwohnen, wofür er aber für sich und einen allfällig
mitgebrachten Gesellen zechfrei zu halten war. |
d. |
Die nötigen Verzierungen und Kränze anzubringen und
mit der Gemeinde beliebige Inschriften und die grösste Glocke mit dem
Gemeindewappen zu versehen. |
e. |
1 Jahr gut zu stehen, und |
f. |
3000 Gulden Bürgschaft zu leisten hat, und endlich |
g. |
die Glocken unfehlbar bis 14 Tage vor dem Bettag
1811 hierher zu liefern. |
Die Gemeinde verpflichtete sich: |
a. |
das nötige Material zu liefern, wobei er aber mit
Rat und Tat an die Hand gehen musste. Zudem musste ihm für jeden Zentner, den
er lieferte, 66 Gulden Reichsgeld bezahlt werden. |
b. |
Ihm für jedes Pfund 10 Kreuzer, oder für den Zentner
Konstanzergewicht 15 Gulden 40 Kreuzer Giesserlohn zu bezahlen und zwar
2/3 des Giesserlohnes, sobald alle
Glocken im Turme hängen und den oben genannten Bestimmungen entsprechen, und
1/3 nach Ablauf der einjährigen Gewährszeit u.s.w. |
Das Metall, etwa 88 bis 90 Wiener-Zentner,
lieferte Johann Georg Zscherpen aus Kempten zu einem Preis von 83 Gulden
Reichsgeld pro Zentner. Die Gemeinde machte eine Barzahlung von 1000 Gulden,
1000 Gulden wurden in 14 Tagen oder
längstens 3 Wochen franko Lindau überwiesen und den Rest vom 14. Christmonat
an in 2 Monaten in Augsburger- Kursbriefen bezahlt. Die zwei mittleren alten Glöcklein wurden nun zum
Verschmelzen nach Konstanz geliefert und die grosse Glocke gegen eine
gespaltene aus Montlingen ausgetauscht. Die zwei Gemeinden hatten vereinbart,
dass für die alte Glocke aus Montlingen 66 Gulden pro Zentner franko
Rorschach bezahlt würde, Speicher aber für die alte Glocke 77 Gulden pro
Zentner bekäme. Zudem durfte man die Glocke solange in Speicher läuten
lassen, bis das neue Geläut eingetroffen sei. Das alte und kleinste
Glöcklein, welches 431 Pfund wog, wurde zurückbehalten, da man es nicht
hergeben wollte. Die Vorsteherschaft forderte am 12. Dezember 1810 die
Bezahlung der ersten Hälfte der versprochenen Glockengaben. Am 12. Oktober
1811 wurde das Volk informiert, dass mit der baldigen Ankunft der Glocken zu
rechnen sei und dass der Rest der versprochenen Spenden zu bezahlen wäre. Am
25. Oktober holte man die neuen Glocken in Rorschach, wohin sie Rosenlächler
zu liefern hatte, ab. Fuhrwerke mit insgesamt 29 Pferden brachten die Glocken
unter der Begleitung einer grossen Volksmenge, die vom Hagenbuch bis nach
Vögelinsegg an Seilen ziehen half, nach Speicher. Diese neuen Glocken hatten
folgende Aufschriften und Bilder: Die grosse Glocke Hat in der Mitte das
Speicher- Wappen, mit einem Kranz eingefasst. Auf der Rückseite steht: „Für löbliche Gemeinde Speicher hat Rosenlächler
diese und die vier anderen Glocken gegossen“. Im Weiteren findet man
folgende Inschrift: „Der erste Sieg für Gott, Freiheit und Vaterland
wurde erkämpft im Speicher im Jahr 1403. Gott allein die Ehr! Die Gnade
unseres Herrn Jesu Christi sei mit euch Allen. Amen“. Die Weiberglocke Hat im oberen Kranz der Verzierungen
die Inschrift: „Wer meinem Rufe folgt, Der wird die Arbeit lieben, Und im Gebet sich stets Früh und späte üben“. In der Mitte der Glocke: „Zum Gottesdienst und Lobgesang Ruft meiner Stimme lauter Klang. Wer Gott von Herzen liebt und ehrt Folgt
freudig mir, wenn man mich hört“. Die dritte Glocke Hat im oberen Kranz der
Verzierung die Worte: „So bald du hörst die Glocken läuten, Zum Gottesdienst tu dich bereiten“. In der Mitte derselben: „Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden und den
Menschen ein Wohlgefallen“. Auf der anderen Seite: „Jauchzet dem Herrn mit Freuden, Kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken“. Die vierte Glocke: „Gelobt sei des Herrn Name von nun an bis in
Ewigkeit. Die Evangelisten Lukas und Johannes“ Die fünfte Glocke: „In der Höhe erklingt der Freuden Schall“. Auf der einen Seite befindet
sich der Evangelist St. Mathäus, auf der anderen Markus. Laut Waagschein wiegt: |
die grösste Glocke |
8054 |
Pfund |
die zweite Glocke |
4166 |
Pfund |
die dritte Glocke |
2322 ½ |
Pfund |
die vierte Glocke |
1210 |
Pfund |
die fünfte Glocke |
626 ½ |
Pfund |
zusammen |
16378 ¾ |
Pfund |
Am 12. November holten die
Montlinger die alte Glocke ab. Kirchhof und Kirchenplatz: Auch mit dem dritten
Kirchenbau wurden der Kirchhof und der Kirchenplatz etwas erweitert. Bereits
1807 war die Linde aus dem Jahr 1684 weggeschafft worden. Sie hatte einen
Umfang von 14 Fuss und war 78 Fuss hoch und lieferte, nebst einigen Stücken
in die Säge, 30 Klafter Scheiter. Bei der Pflanzung im Jahr 1684 hatte der
kleine Baum 24 Kreuzer gekostet, bei ihrer Versteigerung brachte er aber 68
Gulden ein. Am 5. April 1808 wurde der „alte Hirschen“ neben der Kirche
gekauft, damit man durch den Abbruch des angebauten Schopfes Platz zum Bauen
und für die Zufahrtsstrasse erhielt. Der „Hirschen“ wurde zum Schulhaus
umfunktioniert und dasjenige im Moos verkauft. Mit Ochsenwirt Hohl tauschte
man im Jahr 1810 Boden ab und von Ulrich Schläpfer hinter dem Messmerhaus
konnte etwas Boden zum Preis von 22 Gulden gekauft werden, damit man den
Fussweg verbreitern und einen Tollgraben machen konnte. Um die Strasse über
den Kirchenplatz zu verbreitern und sie etwas von der Kirche
zurückzuversetzen, kaufte man von Hans Ulrich Schläpfer im Zaum wurde ein
Stück Boden für 150 Gulden ab. Nun besitzt die Gemeinde Boden, welcher rund 6
Fuss weit über die Kirchhofmauer hinausragt. Wir schliessen hier unsere
geschichtlichen Informationen über den Bau der Pfarrkirche in Speicher mit der
Rechnung über den letzten Kirchenbau. Einnahmen: |
An freiwilligen Beiträgen: |
|
|
|
|
Von Gemeindegenossen |
50’699 |
Gulden |
24 |
Kreuzer |
Von Beisassen |
2’134 |
Gulden |
7 |
Kreuzer |
Von ausser der Gemeinde
wohnenden Gemeindegenossen |
1’140 |
Gulden |
22 |
Kreuzer |
Von Vogtkindern |
3’028 |
Gulden |
40 |
Kreuzer |
Für verkaufte Kirchenörter |
10’090 |
Gulden |
|
|
Für das alte Schulhaus im
Moos |
2’822 |
Gulden |
|
|
Für die alte Glocke |
909 |
Gulden |
1 |
Kreuzer |
Für Verschiedenes laut
besonderen Rechnungen |
3’633 |
Gulden |
|
|
Total Einnahmen |
74’456 |
Gulden |
34 |
Kreuzer |
Die grösste Gabe der
Gemeindegenossen ausserhalb der Gemeinde rührte von Joh. Ulrich Zuberbühler
aus Trogen her und betrug 300 Gulden, die drei nächstfolgenden spendeten 33
Gulden. Von den Beisassen gab einer 250 Gulden, ein anderer 200 Gulden, drei
100 - 199 Gulden u.s.w.. Nebst diesen Spenden wurden 1681 Tage Frondienst
geleistet und für etwa 2000 Gulden Holz aus den Gemeindewaldungen bezogen.
Georg L. Schläpfer im Kaufhaus übernahm die Kosten von 88 Gulden für die
Malerei an der Empore und den Lehnen, Statthalter Schläpfer diejenigen für
Sonne, Mond und Sterne am Turm, welche Feuervergoldet wurden und 300 Gulden
kosteten. Johannes Zürcher bei der Waag hatte die Kosten für die emaillierte
Uhrentafel in der Kirche bestritten und Buchbinder Pflick hatte die kleine
Tafel auf der Kanzel in Halbfranzband gebunden. Pfarrer Zuberbühler liess die
Kanzel mit einem Tuch ausgeschlagen und die Tafel vergolden und
schlussendlich wurde von verschiedenen Personen noch 700 Gulden
zusammengetragen, damit die Kuppel aus Sicherheitsgründen mit Kupfer gedeckt
werde konnte, wobei Johann Ulrich Rüsch versprach, wenn diese Arbeit teuerer
als 2000 Gulden zu stehen käme, würde er den Rest selbst bezahlen. Ausgaben: |
An Meister Langenegger laut
Bauakkord (Bauauftrag) |
16’800 |
Gulden |
|
|
Weitere Arbeiten ausser dem
Akkord |
568 |
Gulden |
19 |
Kreuzer |
Die dazugehörigen Trinkgelder |
550 |
Gulden |
|
|
Für Baumaterialien |
12’977 |
Gulden |
35 |
Kreuzer |
Für Arbeitslöhne an
Handlanger und Taglöhner |
5’016 |
Gulden |
19 |
Kreuzer |
Für Fuhrlöhne |
4’599 |
Gulden |
57 |
Kreuzer |
Für Schmiedearbeiten und
Eisen |
2’699 |
Gulden |
57 |
Kreuzer |
Für Kupferschmiedarbeiten |
2’904 |
Gulden |
33 |
Kreuzer |
Für Glaserarbeiten |
1’269 |
Gulden |
34 |
Kreuzer |
Für Dachrinnen |
542 |
Gulden |
46 |
Kreuzer |
Für Einrichtung der
Kirchenuhr und Malen der Sonnenuhr |
420 |
Gulden |
3 |
Kreuzer |
Für Turmknopf und Fahne |
604 |
Gulden |
24 |
Kreuzer |
Für Blitzableiter, nebst
Trinkgeldern und Zechen |
310 |
Gulden |
33 |
Kreuzer |
Für Zeichnungen und Modelle |
190 |
Gulden |
|
|
Für Reisespesen |
572 |
Gulden |
39 |
Kreuzer |
Für Mahlzeiten zum Anlass der
Ecksteinpredigt, der Einweihungspredigt, des
Firstweins und des Beschlussweins |
452 |
Gulden |
50 |
Kreuzer |
Für Trinkgelder |
77 |
Gulden |
|
|
Für Ankauf von Boden |
736 |
Gulden |
|
|
Für Ankauf des alten
Wirtshauses Hirschen bei der Kirche |
3’977 |
Gulden |
29 |
Kreuzer |
Für das Geläute |
12’598 |
Gulden |
3 |
Kreuzer |
Für Verschiedenes laut
Handbuch |
6’375 |
Gulden |
33 |
Kreuzer |
Total Ausgaben |
74’283 |
Gulden |
34 |
Kreuzer |