Die Schlacht bei
Vögelinsegg |
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Es war am 15. Mai 1403,
zwei Jahre nach ihrer Verbündung, als die Hochwachten der Appenzeller beim
Sonnenaufgang die Scharen des Abtes gegen ihre Landmarken heranrücken sahen. In
ihren Reihen befand sich auch Kriegsvolk aus den freien Reichsstätten über
dem See, welche früher Appenzeller Bundesgenossen waren. Die Bürgermeister
von St. Gallen führten ihre Mannschaft gegen diejenigen, mit welchen sie sich
noch vor zwei Jahren gegen ihren mächtigen Unterdrücker verbündet hatten.
5000 Mann zogen über den Linsebühl hinauf gegen das Loch. Voran schritten 200
Zimmerleute mit Äxten, welche die Letzinen der Appenzeller durchbrechen
sollten. Ihnen folgten die Reisigen, den Zug schloss das Fussvolk. Hinter den Letzinen warteten
die Appenzeller auf ihren Feind. Sie waren entschlossen, für ihre Freiheit zu
siegen oder zu sterben. Weiter unten im Loch verbargen sich auf beiden Seiten
des Hohlweges die Verbündeten der Appenzeller aus Schwyz und Glarus. Oben auf
der rechten Seite des Hohlweges hatte sich der Appenzeller Hauptmann Härtsch
aus Teufen mit weiteren 80 tapferen Kämpfern platziert. Ungehindert liessen sie den
Feind bis zur Letzi vorrücken. Als nun die Zimmerleute die Letzi öffnen
wollten und die Reiterei im Hohlweg zusammengedrängt wurde, geschah der
Angriff der Appenzeller und ihrer Kampfgenossen. Diese griffen unten beim
Loch das Fussvolk an. Weiter oben am Hohlweg schlug und hieb der Harst der
Appenzeller auf die Köpfe der unbeweglichen Reiterei ein und eine Gruppe von
Kriegern schleuderte und wälzte mit voller Kraft Steine vom Horst gegen den
Feind hinunter. Endlich erschien der ganze Haufen der Appenzeller, alles
kräftige und gewandte Männer. Der Feind, von allen Seiten angegriffen und
eingeengt, versuchte den Kampf in die Ebene zu verlagern. Er hoffte damit,
die nacheilenden Appenzeller dort leichter zu besiegen zu können. Aus den
ersten Reihen der St. Galler erging daher der Ruf nach hinten: „Zurück !,
zurück !“ Die vordersten Gegner wichen und die Reisigen drängten nach. Von
allen Seiten aber hieben die Appenzeller, Schwyzer und Glarner gewaltig auf
ihre Feinde ein. Da meinten die hintersten, es gelte zur Flucht. Appenzeller,
welche sich mit dem Feldzeichen der Städte getarnt hatten, mischten sich
unter die Feinde und riefen: „Zurück, zurück! Man flüchte dahinten!“ Jeder
wollte sich nun als erster retten. Alles zerstreute sich in wilder Flucht.
Die Zahl der Fliehenden übertraf die der Nachjagenden mehr als um das
zehnfache. 250 Feinde fielen unter den Streichen der Appenzeller. Furchtbar
hauste der Tod in den Reihen der Gegner, welche bis nach Notkersegg verfolgt
wurden. Die Appenzeller indes hatten und nur drei Verwundete, aber keinen
einzigen Toten zu beklagen. |
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Nach der Schlacht teilten sie
mit ihren Helfern die erbeuteten Brustpanzer, Kleider und Waffen. In der
folgenden Nacht rächten sich die Appenzeller an den Städtern, indem sie ihnen
alle Mühlen anzündeten. Die eroberten Banner von Konstanz, Lindau und
Buchhorn (Friedrichshafen) brachten sie nach Appenzell. Einen Sieger schmückt nichts
mehr als Edelmut. Solchen übten einige Appenzeller an einem Bürger von St.
Gallen aus. Hartmann Ringli, so hiess er, fand sich schwer verwundet auf der
Walstatt und war bemüht, nach seiner Heimat zu gelangen, wo seine Frau, eine
zweitägige Wöchnerin, sehnsüchtigst auf ihn
wartete. Er bat seine Gegner, ihn zu schonen. Die Appenzeller waren
noch beseelt vom Schlachtenglück, nahmen ihn auf und trugen ihn bis vor die
Tore St. Gallens. Dort liessen sie der Frau die Ankunft ihres Gemahls melden.
Er wurde in sein Haus gebracht und von seiner Frau mit zärtlicher Liebe
empfangen. Doch kurz war ihre Freude, denn schon am folgenden Tag erlag er
seinen Verletzungen. Die dankbare Frau vergalt diese Edeltat an den
Vollbringern und ihren notleidenden Landesbrüdern und „ noch die spätesten Nachkommen werden das Andenken der beiden
Männer ehren, wenn auch ihre Namen, wie diejenigen so vieler Edlen, nur im
Buche der Himmels aufgeschrieben sind“, sagt Zellweger. So war denn der erste Kampf
für Freiheit und Unabhängigkeit glücklich bestanden. Die Heldenkraft der
Appenzeller sollte sich aber noch weiter bewähren. An der Wolfshalde und am
Stoss trugen sie zwei Jahre später auch den Sieg über den vom Abt zu Hilfe
gerufenen Herzog von Österreich davon. Darauf hin drangen die
Appenzeller in die Länder ihrer Feinde ein. Sie zerstörten ihre Burgen und
wollten den Untertanen ihrer Gegner die Freiheit bringen. Durch Tapferkeit
und Glück zum Schrecken der Feinde geworden, bemächtigte sie aber der Übermut
und dafür wurden sie mehr als nur einmal gestraft. Als sie endlich mit ihrer
Freiheit zufrieden waren, gaben sie Ruhe und fügten sich wenigstens teilweise
in die Rechtssprüche der Eidgenossen. Die Äbte von St. Gallen beschwerten
sich dennoch oft, dass die Appenzeller den Sprüchen nicht nachkämen. Abt
Ulrich Rösch klagte 1465 die von Speicher an, sie hätten ihm einen Lehenbrief
entwendet. Die eidgenössischen Ermittler erklärten, dass die Speicherer vom
Abt unangefochten bleiben sollten, wenn sie versichern könnten, dass sie
keinen solchen Brief entwendet hätten. Könnten oder wollten sie aber dies
nicht tun, wären sie schuldig und müssten dem Abt den Lehenbrief unversehrt
zurückstellen. Die Speicherer jedoch leisteten den geforderten Eid. Die folgende Friedenszeit
benutzten sie nun dazu, ihr Hauswesen zu ordnen und durch Loskäufe ihre
Freiheiten zu sichern und zu mehren. So wurden von vielen Höfen die Zinsen
und Zehnten losgekauft. 1459 geschah das gleiche mit dem Kirchenzehnten von
St. Laurenzen, welcher aus dem Trogener- und Steineggerwald bestand und wofür
die betroffenen Gemeinden Trogen, Teufen und Speicher 2550 Gulden bezahlten. Mit der Ordnung der inneren
Angelegenheiten wollten sie auch die Grenzen gegen ihre Nachbarn ins Reine
bringen, was aber zu vielen Streitereien, Vermittlungen und Urteilssprüchen
der Eidgenossen führte. Durch einen solchen Schiedsspruch wurde 1458 auch die
nördliche Grenze bestimmt. Diese Grenzlinie gegen die Abteilande, an welche
auch unsere Gemeinde stösst, wurde folgendermassen definiert: “ Item das die
Letzi ist also gestellt zwüschen Sant Gallen und Appenzell, das sie auch in
der Syter, an das dem end da der Wattbach in die Sytern gatt, und von
derselben statt den Wattbach immer daruff, von da an das tuff Tobel gegen
Geissersegg, und dann von Geissersegg underem Huff durch Sant Gallen halb,
wider Rütti den Hof hin, und ob Rütti hin in Steinegg, von Steinegg uff
Füglisegg, von Füglisegg ob Loch dem Hofe durch das Holz, und durch das Holz
nider zwüschen Wygern und Hochrütti in Martinstobel von Martinstobel den
Krumbach uff zu dem Hoff zu der Linden, und von demselben Hoff zu der Linden
das Tal nider, dem Bächlein und dem Wasserfluss nach bis an dass Kilchspähl
und Gericht ze Tal“ Dieser Spruchbrief wurde 1460
so erläutert: Als der
vorgenannt Spruch unter anderem aufweiset, dass die Letzi gän soll an das
Tüftobel gegen Geissersegg, und den von Geissersegg underem Huss durch Sant
Gallen halb, das die March auch also bestähn und bleiben söll, und soll dann
fürbass, gän von Geissersegg über die Höhn, und auf der Egg ob Rütihius in
Steinegg, Mann aber das Holz und der Wald Steinegg, derselbe Wald auch der
Nutzung halb, dem
vorgenannten Gottshus zustatt, Sant
Gallen und Appenzell wert, von der Egg sich, von der Egg auf beide Seiten
heldet, darum ist unser Spruch und Erleutrung, dass die March und letze sölle
sin und gan ober und durch alle Höhe hin in der Steinegg, und dann hin der
Höhe nider auf Füglisegg zu den Hüsren , dieselben Hüser, als sie jetzt
ständ, denen von Appenzelle zugehören söllend, und bürbass von Fügelinsegg ob
Loch durch das Holz zwüschend den Höfen Wyer und Hochrüti, und dann an dem
Holz das ob Wyer liegt nider in Berhardsbach, zwüschend Bernhards Hus und dem
Hofe zu Wyle, als den derselb Bach den nächsten flüsset und gat in das Wasser
das man nennt die Ach oder Goldach gegen den Fluss die man nennt an dem Kasten und dannenhin daselb
Wasser in dem Tobel auf in den Krummbach, auf solch aufgeschriebener
Erläuterung, so soll die March und Letzi vor und nach diesem Stoss bestän,
als der Spruch das verwisset. Speicher machte nach dem
Krieg einen Teil der Rhode Trogen und später der Rhode Teufen aus, weshalb es
auch als eine halbe Rhode bezeichnet wurde. Zu diesen gehörten auch einige
Häuser in Habsatt, welche aber heute in der Gemeinde Rehetobel liegen, sowie
die Höfe Reute mit der Mühle, Riemen, Halten und Lenden in der jetzigen
Gemeinde Grub. 116 Jahre nachdem sich die
Appenzeller von den Fesseln der weltlichen Herrschaft befreien konnten,
begann Ulrich Zwingli in Zürich die Kirchenreform. In St. Gallen
fand er in Dr. Joachim von Watt, genannt Vadian, im Sattlermeister Johannes
Kessler, welcher Luther’s und Melanchton’s
Vorlesungen in Wittenberg gehört hatte, sowie im Schulmeister Dominik
Zili kräftige Unterstützung. An diese Männer schlossen sich dann auch die
Herren Burgauer und Wartern, genannt Jufli, in St. Gallen, Pelagius am Stein
in Trogen, Walter Klarer in Hundwyl, Schurtanner in Teufen, Kessler in Gais
und weitere an. Nun war ein neuer Kampf
ausgebrochen, der sich über unser Land ausbreitete. 78 Jahre nach Zwingli’s
Auftreten in Zürich führte dieser Kampf zur Landteilung und trug dazu bei, dass sich Speicher 17 Jahre
später zu einer selbständigen
Pfarrgemeinde konstituierte. Die Bewohner vor dem Brandbach, welche nach
Trogen pfarrgenössig waren und diejenigen hinter dem Brandbach, welche den
Gottesdienst in St. Gallen besuchten, vereinigten sich 1614 zu einem eigenen
Kirchenbau. Von dieser Zeit an wollen wir ihre Geschichte und ihre
Verhältnisse ausführlicher beschreiben. |