Bewegung und Erniedrigung des Zinsfusses

 

Um diese Zeit seufzte der ärmere Teil des Appenzeller Volkes, weil sie sich unter dem Joch der Gutsbesitzer befanden. Wenn ein armer Mann Geld nötig hatte, oder einen Zedel errichten wollte, so musste er sich oft verpflichten, dem Wucherer eine grössere Summe zu verzinsen, als er von ihm erhalten hatte. So waren  zum Beispiel für 90 oder 80 Gulden, oder noch weniger empfangenes Geld, ein Zins für 100 Gulden zu entrichten.

Wo übermässiger Reichtum der schreiendsten Armut gegenüber wohnt, ist der Kommunismus am meisten zu befürchten. Durch den Wuchergeist verleitet versuchten Reiche die ganze Ordnung und auch das Eigentumsrecht zu ändern. Mit ihrer Rücksichtslosigkeit trachteten viele ihren Reichtum auf Unkosten der Armen noch weiter zu vermehren, statt durch Unterstützung eine christlichen Tat zu vollbringen. Darum stieg im Volk der Hass gegen die Reichen. Am 19. April 1743 traten Gabriel Krüsi, Johannes Kellenberger und Johannes Altherr aus Speicher, Gebhard Mettler und Johannes Berweger aus Hundwil, Johannes Kriemler und Johannes Wich aus Grub und Jakob Zürcher aus Teufen vor den Grossen Rat, um die Herabsetzung des Zinsfusses zu bewirken. Sie stellten folgendes Ansuchen:

Dessweilen bei diesen kümmerlichen Zeiten der arme Mann nicht mehr im Stand ist zu zinsen, auch in Aufrichtung der Zedlen mithin grosser Wucher vorbei gehe, und der arme Mann übel gedrückt werde, so haben sich einige Landleute zur Steurung dessen sich unterredet, einer hohen Obrigkeit vorzutragen, dass von denen einfachen Pfanden jährlich nur 4, und von denen zweifachen 4 ½ Gulden bezogen und bei denen gegenwärtigen klemen Zeiten ungeachtet ein oder mehrer versäumte vorhanden, aller Jahr nur einen einzutreiben, die Verordnung gemacht werden möchte und als wurden selbige dahin verabschiedet“:

Die Antwort des Grossen Rates lautete:

„Dass man mit Verwunderung und nicht weniger Bestürzung, nicht nur ihren Vortrag, sondern auch die Tag her ein und andere Zusammenkünften hören und vernehmen müssen, auch ihr Unternehmen und Vortrag zu sehr gefährlichen Verwirrungen abzielen, deswegen man ihnen einhellig und väterlich wolle eingeraten haben von ihrem unbefugsamen und wider alle Ordnung laufendes Begehren abzustehen; Man aber indessen mit Grund begleitete Klägden, einiger wucherischer Schicken und Bedrückungen des armen Landmannes eingebracht werden, so werde man Kraft obliegenden Pflichten nicht ermangeln, jedem Bedrängten gute Justiz und Recht angedeihen zu lassen und auch desfalls die Obrigkeit die Hand bieten.