Wir reihen hier noch einen
Abschnitt an, der zwar nicht mehr in die Kategorie des Gemeindehaushaltes
gehört, früher aber doch mehr oder weniger auch Gemeindesache war. Das
wesentliche, was unsere Gemeinde betraf, mag im Folgenden enthalten sein:
Bereits 1601 hatte die
Regierung eine erste Waffenschau für alle Gemeinden angeordnet. Nach einem
halben Säkulum erneuerte man die Rotteneinteilung und bestimmte ihre Führer
und Unteroffiziere. 1652 wurde eine alle 2 Jahre zu wiederholende Waffenschau mit Übungen
in den Gemeinden verordnet. Wegen den Umtrieben mit den Katholiken fanden 1681 Hauptmusterungen in allen
Gemeinden statt. Von 1708 – 1718 musste jeder Landmann an Märkten und in der
Kirche einen Degen tragen, da er sonst mit 3 Batzen gebüsst wurde. In
Speicher entstanden für Exerzierübungen jährliche Kosten von 13 Gulden. 1712
gab man für 2 Fahnen 33 Gulden 26 Kreuzer und für den Wachtposten auf
Vögelinsegg und andere Aufwendungen 278 Gulden 40 Kreuzer aus. 1748 kaufte
die Gemeinde eine grössere Fahne für 27 Gulden 44 Kreuzer.
Von 1744 – 1756 exerzierte
Heinrich Rechsteiner die bewaffnete Ausschusskompanie, ohne diejenigen Kosten
zu verursachen, welche unter seinen Nachfolgern zur verderblichen Höhe
anstiegen. Einer seiner Nachfolger war Uli Rüsch, ein grosser Liebhaber des
Militärwesens, der auf beiden Seiten der Ausschusskompanie Grenadiere
einreihte und im Jahr 1760 sogar eine besondere Grenadierkompanie bildete.
Seine Aktion erregte natürlich den Neid der anderen Militärführer und
verursachte darum viel Unannehmlichkeiten, heftigen Streit und Schlägereien.
1765 sah sich deshalb der Gemeinderat genötigt, strengere Verordnungen zu
treffen, indem er die freiwillige Werbung der Grenadiere bis auf maximal 80
Mann gestattete und dabei erklärte, dass die hierzu Eingeschriebenen ohne
seine Einwilligung das Korps nicht verlassen dürften. Damit verhinderte er
die gegenseitigen Abwerbungen zum Übertritt in andere Kompanien.
Mit grossen Kosten wurde die
Aufrüstung des Militärs betrieben. Das Offiziers- und Musikkorps trug
Bärenkappen mit Goldtressen, welche zwischen 8 – 16 Gulden kosteten. Für die
Soldaten (Gemeinen) wurden Mützen angeschafft. Für all diese Anschaffungen
gingen über 1000 Gulden als freiwillige Spenden ein. Johannes Rüsch schaffte
sich eine neue Fahne an, die Dr. Gabriel Rüsch jetzt noch sorgfältig
aufbewahrt. Der grosse Zeit- und Kostenaufwand verursachte den finanziellen
Ruin des Grenadierhauptmanns und auch sein 1769 gewählter Nachfolger Michael
Rechsteiner wurde vom gleichen Schicksal getroffen. 1775 wählte man den
nachherigen Statthalter Rechsteiner zum Hauptmann. Dieser nahm aber die
Stelle aber nur darum an, um den im Militärwesen eingeführten Luxus zu
beschränken und einer schimpflichen Auflösung der Kompanie vorzubeugen. Bei
der Ernennung zum Vorsteher nutzte er dann die sich bietende Gelegenheit, um
das Grenadierkorps aufzuheben.
Neben der Ausschuss- und
Grenadierkompanie bestand um jene Zeit auch ein Reiter- und Jägerkorps,
welches schon 1651 in Ausserrhoden eingeführt worden war. Von den 96
aktivierten Wehrmännern stellten die
Gemeinden vor der Sitter 54 und diejenigen hinter der Sitter 42 Mann.
1751 kaufte der Speicherer Rittmeister Johannes Nänni für 90 Gulden Pauken,
1760 erstand Johannes Schläpfer im Herbrig Trompeten und 1774 besorgte sich
Jakob Nänni eine passende Standarte. Rittmeister Jakob Sigmund Baumgartner
exerzierte seine Leute um 1758 aber nur zu Fuss. 1804 wurden mit viel Aufwand
vor und hinter der Sitter Husarenkompanien gebildet. Da sie aber zu teuer
waren, wurde man ihrer sehr bald müde, den schon die Montur und Armatur für
die gemeinen Soldaten kam auf 90 Gulden zu stehen. 1815 verkaufte man die
geräumige Reitschule im Sägli für 300 Gulden und hob die Husarenkompanie
wieder auf. Nach der Liquidation der Grenadierkompanie exerzierten hier noch
2 Ausschuss- und eine Jungmännerkompanie. G.L. Schläpfer war 1795 Hauptmann
beim 1. Ausschuss, Hans Ulrich Rüsch und der nachherige Statthalter Schläpfer
ab 1790 bei der 2. Ausschusskompanie. Man schaffte 2 neue Zelte an, wovon Dr.
Gabriel Rüsch und dessen Vater die Ausgaben fast selbst bestritten. Das
schönere der Zelte wurde deshalb als Familiengut in Verwahrung genommen.
Johannes de J. Ulrich Rüsch war 1804 der letzte Hauptmann des Ausschusses.
Durch die Revolution waren
alle alten Militäreinrichtungen aufgelöst worden, weil man das allgemeine
helvetische Reglement einführen musste. Eliten wurden gebildet. Doch diese
Einrichtung dauerte nur bis 1803, wo wieder ganz andere Anordnungen getroffen
wurden. Die waffenfähige Mannschaft teilte man in Kontingente ein und wies
ihnen Jäger zu. Daneben stellte man Rekrutenkompanien auf, hob sie aber 1816
wieder auf. Die Vorsteher hatten bei Michael Schläpfer eine von ihm für 100
Gulden gekaufte Fahne für die Rekruten erstanden und dafür 33 Gulden bezahlt.
Diese Fahne wird jetzt noch in der Wohnung des damaligen Rekrutenhauptmanns,
Gemeindehauptmann J. J. Tanner, aufbewahrt.
Nach dieser Zeit hatte
Speicher noch weitere bedeutende Kosten für Militärgegenstände, Einquartierungen
und die Belohnung des Trüllmeisters, welcher den Soldaten den nötigen Drill
beizubringen hatte, zu tragen. Allein für das Jahr 1805 bezahlte man dafür
2500 Gulden. In jenem Jahr wurde eine weitere Waffenschau durchgeführt und obschon
Speicher während der Revolution zweimal entwaffnet worden war, besassen immer
noch 303 Mann folgende Waffen:
176 gute, zweilötige Flinten,
162 Bajonette, 95 Gewehrriemen, 143 Ordonanzsäbel, 154 Kuppel, 156
Patronentaschen, 109 Bandeliere, 46 Habersäcke, 40 Kugelzieher und 36
Raumnadeln.
Die 1798 zur Bekämpfung der
Franzosen angeschafften Morgensterne oder „Bündnersporren“, welche zusammen
77 Gulden 4 Kreuzer gekostet hatten, sind nicht mitgezählt, da sie nicht mehr
benutzt wurden. Bis in die 1830er Jahre hatte die hiesige waffenfähige
Mannschaft während der Sommermonate alle Sonntagnachmittage eine Exerzierübung
auf dem Waisengut durchzuführen. Seiher wird das Militär nur noch zu den von
der Obrigkeit angeordneten Exerzitien zusammengezogen.
Unsere
bewaffneten Soldaten mussten auch an mehreren Feldzügen mitmachen. 1792
rückten 39 freiwillige Männer aus Ausserrhoden, worunter 2 aus Speicher,
unter ihrem Hauptmann Merz nach Basel aus, um an der Bewachung der Grenze
teilzunehmen. 1793 folgten ihnen nochmals 24 Mann als Verstärkung, wobei
unter diesen nochmals 1 Mann aus Speicher war. Während die erstere Truppe am
11. Dezember 1793 zurückkehrte, kam letztere erst im Frühling 1794 heim. 1799
musste Hauptmann Johannes Rechsteiner mit seiner Mannschaft nach Wittenbach
und an den Rhein ziehen.
Unter den 460 Mann, welche
Ausserrhoden im Sommer 1799 zur Hilfe für die Österreicher rekrutierte, waren
33 aus Speicher. Sie wurden per Los aus der hiesigen militärpflichtigen
Mannschaft bestimmt, weil bis zum massgeblichen 45. Altersjahr 137 Mann
wehrpflichtig gewesen wären. Die Appenzeller kämpften im Glarnerland und bei
Uznach in den Reihen der Österreicher. Am 25. September wurde in Uznach
Johannes Scheuss aus Herisau von einer Kanonenkugel getroffen. Das gleiche Geschoss
riss einem Etter von Stein beide Beine, einem Müller von Hundwil ein Bein
weg. Alle drei Soldaten starben an ihren schweren Verletzungen. Mehr Glück
hatte Jakob Herzig aus Grub, der den Feldzug für J. J. Meier aus der Schwende
mitmachte. Die für seine vorher erwähnten Kameraden todbringende Kanonenkugel
riss ihm die Gesässmuskeln weg, so dass er zeitlebens invalid blieb. Der
schnelle Tod ihres Generals Hotze, die erwartete Einnahme von Zürich durch
die Franzosen und die daraus entstehende Gefährdung der Gegend um Uznach
bewog die Österreicher zum schnellen Rückzug. In Lichtensteig entliess der
österreichische Chef das Appenzeller Batallion nach Hause und nahm am 26.
September segnend von ihm Abschied. Mit den appenzellischen Hilfstruppen
kehrten leider auch Österreicher ins Appenzellerland zurück und hausten wie
in Feindesland.
1802 kam die von Sebastian
Rechsteiner befehligte erste Kompanie des Batallions Merz bis Bern und
Murten, kehrte aber auf Napoleons Machtwort, welches die Feindseligkeiten
einzustellen gebot, ohne Kampf zurück und wurde am 25. September in Herisau
aufgelöst. Der Regierungsstatthalter hatte befohlen, zu warten, bis das ganze
appenzellische Batallion beieinander sei, deshalb blieb das Kontingent über
Nacht in Herisau. Am folgenden Markttag gerieten die Soldaten aber mit dem zusammenströmenden
Volk in einen Streit, wobei diese über die Soldaten herfielen und sie mit
Fausthieben traktierten, weil sie nicht sogleich abreisen wollten. Nun trat
Hauptmann J.K. Meier als Vermittler auf und erklärte, dass am Nachmittag
alles Militär abziehen würde. Das Volk gab sich aber erst dann zufrieden, als
es den Beschluss der Munizipalität bewirkt hatte, dass beim Abzug der
Soldaten die Bajonette nicht aufgepflanzt werden dürften. Auf diese Weise
führte Sebastian Rechsteiner seine Kompanie nach Speicher zurück. Auch bei
der Ankunft des zweiten Kontingentes gab es Streit und nur durch die
Intervention des Quartierhauptmanns Fisch konnte der Ausbruch von Tätlichkeiten
verhindert werden.
Die Franzosen rückten den
heimziehenden Appenzellern hinterher. In Zürich durften sie nicht einmal mehr
Halt machen und als sie aus Bassersdorf auszogen, kamen schon die ersten
feindlichen Vorposten an.
1804 wurden die Ausserrhoder
wegen des von ihnen geleisteten Hilfeeides aufgefordert, Truppen gegen den
bewaffneten Aufstand am Zürichsee zu senden, worauf im April 1804 164
Freiwillige auszogen, aber am 17.Mai des gleichen Jahres bereits wieder
heimkehrten.
Zwischen dem 22. Mai und 7.
Juli 1809 stand das Batallion Rüsch in der Gegend von Arbon, anschliessend
wurde es ins St. Galler Oberland verlegt und traf am 23. September wieder in
der Heimat ein.
Im November 1813 wurden zum
Schutz der Schweizergrenzen 15'000 Mann unter die Waffen gerufen, wobei
Ausserrhoden 3 Kompanien zu stellen hatte, welche am 4. Januar 1814 wieder zu
Hause anlangten. 1814 war auch die Kompanie Koller aus Bühler, welche
Soldaten aus den Gemeinden Teufen, Bühler, Gais, Speicher, Stein und Hundwil
vereinigte, unter dem Batallionskommandanten Hess aus Zürich, in Basel stationiert.
Im März 1815 standen schon wieder 400 Appenzeller unter Oberstleutnant Rüsch
aus Speicher in Genf und dessen Umgebung. Etwas später leisteten eben so
viele unter Oberstleutnant Nef aus Herisau in Basel Dienst, indem sie an der
Belagerung von Hüningen teilnahmen.
1833 musste das erste
appenzellische Kontingent zur militärischen Besetzung des äusseren Bezirkes
vom Kanton Schwyz andere eidgenössische Truppen ablösen. Am 7. Oktober trat
es von Herisau aus den Marsch an und kehrte am 19. des gleichen Monats
wohlbehalten nach Hause zurück. Auch die Scharfschützenkompanie Bänziger,
welche im April 1845 in Seon im Freiamt postiert war, hatte keine Gefahren zu
bestehen.
Blutiger drohte der Kampf
gegen den Sonderbund zu werden, indem er zwar auch seine Opfer forderte, im
Vergleich zur Grösse und teilweisen Verbitterung der kriegerischen Parteien
aber doch noch glücklich ablief. Alle 102 dienstleistenden Männer unserer
Gemeinde kehrten wohlbehalten in ihrer Heimat zurück. Sie waren folgendermassen
eingeteilt:
26 Mann im Batallion
Bänziger, 20 im Batallion Meier, 5 in der Scharfschützenkompanie Bänziger, 7
in der Scharfschützenkompanie Kern , 27 in der Bundesreserve und 17 in den
Scharfschützenkompanien Koller und Rohner.
Bänziger war von Anfang
Oktober bis zum 24. Dezember 1848 im Kanton Tessin postiert. Im Jahr 1849
musste die Scharfschützenkompanie Kern wegen des „Büsingerhandels“ nach
Schaffhausen abmarschieren.
Trachten wir alle danach,
dass unsere schweizerische Wehrmannschaft immer mehr das werde, was wir nach
den Worten Johann Müllers sein sollten:
„Ein stet
verbrüdertes, wohlgeordnetes, für Freiheit und Ruhe unüberwindlich zu Sieg
oder Tod entschlossenes Heer, in seinen Landmarken auf jeden Feind rüstig, ausser
derselben ohne Hass wider jemand ohne Absichten, freundschaftswillig“.
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