Polizei

 

Die Sorge für die Sicherheit der Person und des Eigentums und die Handhabung der öffentlichen Ordnung ist eine ebenso wichtige Sache wie die der Förderung des öffentlichen Verkehrs. Weil das Land Polizeigesetze erliess, blieb der Gemeinde nur noch für deren Aufrechterhaltung zu sorgen. Von der älteren Geschichte unserer Gemeinde liegen uns von der Polizei keine Nachrichten vor, weil die Ratsprotokolle, auf welche man sich berufen könnte, erst mit dem Jahr 1771 beginnen. Der Gemeindebehörde lag damals die Abschaffung des lästigen Gassenbettels am Herzen, was auch der Wunsch unserer Landesregierung war. Im Februar 1782 bestimmte sie deshalb, dass die Häuserbesitzer das Hatschiergeld zu bezahlen hätten. Dies ist sogleich ein Beweis dafür, dass zur Bekämpfung des Bettels schon damals Polizeidiener eingesetzt wurden. 1796 und 1800 verschärfte man die Massnahmen gegen die Bettler noch weiter. Im Dezember 1802 verordneten die Räte, dass in der Neujahrswoche, wo die Bettelei immer am ärgsten war, in den ersten 2 Tagen 5 und in den folgenden noch 2 Hatschiere unterwegs sein müssten. Speicher zahlte an das von 1807 - 1818 in unserem Kanton eingeführte Landjägerkorps im Jahr 1807 / 1808 immerhin 266 Gulden 40 Kreuzer an die Gesamtkosten von 2000 Gulden, im Jahr 1809 zahlte man weitere 56 Gulden 20 Kreuzer. 1817 bestimmte der Gemeinderat, dass der Polizeidiener wöchentlich zweimal Wache halten musste und dehnte in der Folge seinen Erlass auf alle Wochentage aus. Der Polizeidiener erhielt, nebst der Montur, einen Lohn von 36 Kreuzern pro Tag. Ab 1845 wurde die Belohnung auf 40 Kreuzer im Tag aufgestockt. Ausserordentliche Massnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderte nur das Jahr 1817, als das Elend am schlimmsten war. Damals verordnete die Vorsteherschaft: „Es solle in jedem Bezirke je auf 4 Häuser eine Person Wache halten“.

Dass man deshalb aber niemals über die Notleidenden hinwegsehen wollte, können wir aus der Geschichte des Armenwesens erahnen.

 

Auch mit der Fremdenpolizei nahm man es nach und nach genauer, denn schon 1784 wurden mehrere Personen bestraft, weil sie ohne Erlaubnis fremde Leute beherbergt hatten. Die Handwerksburschen mussten ihre Wanderbücher hinterlegen. 1803 wurde der Armenpfleger und später der Gemeindeschreiber dazu verordnet, Pässe und Wanderbücher durchzusehen. Später beauftragte man damit den Polizeiverwalter, dessen Stelle 1838 von der des Gemeindeschreibers getrennt wurde. Durchreisende Handwerksburschen, deren Schriften in Ordnung waren, erhielten laut Beschluss vom 4. Januar 1805 einen Zehnerpfenning von 6 Kreuzer. Später wurde diese Belohnung auf 3 Kreuzer heruntergesetzt und wird seit 1832 nicht mehr ausbezahlt. In Bezug auf die Niederlassung von Nichtgemeindebürgern liess die Regierung 1799 ein Edikt veröffentlichen. Darin ist zu lesen:

 „Wer sich in einer Gemeinde ansässig machen wolle, erhalte die Niederlassung nur dann, wenn er sich beim Präsidenten der Munizipalität melde und ihm seinen und seiner Familie Namen, Alter, Beruf und Stand angegeben habe“.

 

Diese Daten musste der Gemeindepräsident in ein eigens dafür vorgesehenes Protokoll aufzeichnen. 1807 wurde bei einer Busse von 3 Gulden verboten, Hausleute aufzunehmen, welche ihren Heimatschein nicht beim regierenden Hauptmann hinterlegt hätten. Später war die Ablage des Heimatscheins beim Gemeindeschreiber und seit 1832 beim Polizeiverwalter. Wie auch jetzt noch üblich, mussten Ausserkantonale schon früher ein gewisses Hintersassgeld bezahlen. Sogar die Beisassen mussten laut Kirchhörebeschluss vom 16. Nov. 1791 ein jährliches Armengeld bezahlen. In der Revolutionszeit wurde diese Verordnung aber aufgehoben.

 

Nicht viel weniger geschah mit der Wirtschaftspolizei. 1801 wurden die Schild- und Schankwirte vor die Munizipalität beordert, wo man sie befragte, ob sie das ganze Jahr hindurch die betreffenden Verordnungen eingehalten  hätten. Alle 8 Schild- und 8 Reifwirte erhielten danach ein Zeugnis von der Munizipalität und wurden in der Folge patentiert. Da ihre Angaben über die Einhaltung der Vorschriften, wie zu erwarten, nicht immer ganz zuverlässig waren,  beschlossen die Vorsteher, genauere Aufsicht zu halten, ob dem Gesetze Genüge geleistet werde. Deshalb wollten sie selber die sogenannten Runden um die Wirtschaften machen. Ein tragischer Unglücksfall in der Gemeinde ergab 1815 erneut Grund zu solchen Runden, doch davon erfahren wir später. In jenem Jahr wurden 25 Gulden Bussen für das Wirten nach der Polizeistunde eingezogen und in den Armenseckel gelegt. Bald liess man die Kontrollgänge wieder eingehen. Nach der Annahme der neuen Sitten- und Polizeigesetze im Jahr 1835 fing man für kurze Zeit wieder an, Rundgänge zu machen. Im Jahr 1840 sah sich der Grosse Rat veranlasst, alle Gemeindevorsteher des Landes zu strengerer Handhabung der Wirtschaftsgesetze zu ermahnen. Die Vorsteherschaft  Speichers entschloss sich, diese Aufforderung aufzunehmen und einer am 24. Januar 1841 versammelnden Kirchhöre  verschiedene Vorschläge über die Art und Weise des Vollzuges der vorhandenen Wirtschaftsgesetze zu machen. Danach hätten alle Vorsteher der Reihe nach je 2 Monate lang die Stelle eines Polizeiaufsehers übernehmen müssen. In seinem Auftrag hätten je zwei achtbare, gutbeleumundete und ökonomisch unabhängige Bewohner der Gemeinde, welche das 26. Altersjahr beendet, aber das 54. noch nicht zurückgelegt hätten, der Reihe nach wenigstens alle 14 Tage einmal in allen Wirtshäusern der Gemeinde die Runde machen müssen. Alles Polizeiwidrige hätte dann dem Polizeiaufseher angezeigt werden müssen, welcher es in seinem Buch registrieren und dem regierenden Hauptmann Bericht davon machen würde. Die versammelten Bürger verwarfen das Projekt aber mit grosser Mehrheit. Es lag zum Teil an der Abneigung gegen eine solche Unterwerfung und zum Teil aus Antipathie gegen eine Neuerung, in der einige sogar das Wesen der geheimen Polizei von Venedig erblickten. Eine grosse Menge der versammelten Bürger hielt es für schwierig, diejenigen auszusuchen, welche die Eigenschaften eines solchen „Ronders“ besässen und auch keine Angst vor Repressalien wegen möglicher Verzeigungen hätten. Nun beschloss der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 26. Feb. 1841, selbst über die Einhaltung des Gesetzes zu wachen. Danach musste jedes ihrer Mitglieder der Reihe nach einen Monat lang die Stelle eines Polizeiaufsehers übernehmen und in diesem Zeitraum wenigstens einmal mit dem Polizeidiener die Runde machen. Später fiel der Polizeidiener weg und nun gingen je zwei und zwei Ratsherren miteinander, um nachzusehen, ob alles der Ordnung halber vor sich ging und nichts den Artikeln 15, 16, 17, 18, 21, 22, 23, 24, 40, 41 zuwiderlief. Die Fehlbaren wurden dem regierenden Hauptmann angezeigt, welcher sie dann zur Verantwortung ziehen musste. Kinder, welche im Sommer nach der Abendglocke und im Winter nach 7 Uhr auf den Gassen herumzogen oder lärmten, oder solche, die sich ohne Aufsicht ihrer Eltern oder Verwandten im Wirtshaus aufhielten, mussten nach Hause geschickt werden.

Dass die Ausführenden dadurch natürlich Neckereien von gebüssten Sündern  ausgesetzt waren, ist kaum der Erwähnung wert. Trotzdem veranlasste eine solche die Vorsteherschaft, sich am 10. Jan. 1845 mit einer Beschwerdeschrift an den Grossen Rat zu wenden. In dieser beklagte sie sich über die Schwierigkeiten, welche ihr bei der Pflichterfüllung von so vielen Seiten erwachsen würden und verlangte deshalb, dass der Grosse Rat Mittel und Wege suche, wie die Sitten- und Polizeigesetze, soweit sie sich auf die Wirtschaftspolizei und das Spielen beziehen, besser beachtet werden. Der Grosse Rat beschloss am 17.Feb. 1845, auf diese Klage nicht näher einzutreten, da diesbezüglich keine bestimmten Anträge gestellt wurden. Hingegen wurde die Bemerkung im Protokoll festgehalten, dass die Vorsteherschaft in Speicher bisher viel für die Einhaltung der Gesetze getan hätte und dies mit Wohlwollen gesehen werde. Bei so wenig Unterstützung von oben und so viel Unannehmlichkeiten, welche die Ausführung des obigen Beschlusses in der Gemeinde mit sich brachte, war es klar, dass der Eifer für die Aufrechterhaltung der Gesetze auch bei der hiesigen Vorsteherschaft sinken musste. Weil mit der Zeit neue Mitglieder in die Vorsteherschaft gewählt wurden, sank damit auch das Interesse an den Runden und man liess sie nach und nach eingehen.