1. |
Dass die Munizipalitäten vereint mit den
Gemeindekammern unfehlbar und gewiss bis auf den 12. Wintermonat die Rubriken
auf der eigens dazu beigelegten Tabelle richtig und genau ausfüllen und den
Zustand der Armen schildern. |
2. |
Dass eine jede Gemeinde bemerke, ob sie ihre Armen
zu erhalten im Stande sei, ob sie auch noch anderen Gemeinen etwas für den
Unterhalt der Armen geben könne, oder aber dieser Unterstützung vonnöten sei. |
Speicher entschloss sich nach
Rücksprache mit den anderen Gemeinden zu folgendem: |
1. |
Ihre Gemeindearmen selbst zu erhalten und den
allbereits aufgehobenen Gassenbettel ganz abzuschaffen. |
2. |
Zugeben, dass für einen armen Distrikt oder eine
arme Gemeinde alljährlich eine oder zwei Steuern unter den Kirchtüren
gesammelt werden möge. |
Für die eigenen Armen
steuerte Speicher zuerst jeden Monat, dann jedes Vierteljahr und
schlussendlich jedes Halbjahr. Die Steuer betrug Anfangs etwa 360
Gulden und wurde nicht nur unter die Gemeindebürger allein, sondern auf alle
Mitbewohner aufgeteilt.
Im Jahr 1803 wurden in der Woche Beiträge von
total 11 Gulden 35 Kreuzer an die Armen und 5 Gulden 57 Kreuzer für Hauszinse
ausbezahlt. Neue Not verursachte der 1809
ausgebrochene Krieg zwischen Österreich und Frankreich, weil dadurch kein
englisches Garn mehr bezogen werden konnte. Speicher musste 3108 Gulden 37
Kreuzer unter seine Armen austeilen. Die Not stieg noch weiter an, als die
Tagsatzung im Juli 1811 die Einfuhr aller englischen Waren verbieten musste.
Der Mangel an Arbeit nahm immer mehr überhand. Um ihm entgegen zu wirken,
wählte Speicher am 8. November eine eigene Armenkommission, welche den Leuten
Arbeit verschaffen sollte. Gleichzeitig verbot man den Gassenbettel. Die
Armenkommission kaufte nun Garn, liess es spinnen und versteigerte das
gesponnene Garn. Der Spinnerlohn für den „Schneller“ betrug anfänglich 3
Kreuzer, fiel aber bald auf 2 ½ zurück um später wieder auf 3 Kreuzer zu
steigen. Zu all diesen Aktionen wurde noch eine zusätzliche Steuer
eingezogen, welche sich eine Zeit lang wöchentlich auf 100 Gulden belief.
Jeden Montag wurden auf der Ratsstube zirka 66 Gulden in Form von Brot,
Musmehl, Erdäpfeln, Butter und Geld verteilt. Am 16. Juni 1812 konnte die
Verteilung auf alle 14 Tage beschränkt und hörte im April 1813 ganz auf, weil
sich die Lage entscheidend verbessert hatte. Die Armengaben wurden nun
herabgesetzt, die Besorgung der Armen wieder den Armenpflegern überlassen und
die Bezahlung der notwendigen Hauszinse und Kleider von der Gemeinde übernommen. Die grösste Hungersnot hatte
unser Land aber in den Jahren 1816 und 1817 zu ertragen und die Opfer für den
Armenhaushalt wurden beispiellos. Bereits am 26. September 1816 wurde eine
Armenkommission gewählt und das Volk mittels einer Proklamation um Beiträge
für die Armen gebeten. Bei der darauf erfolgten Sammlung vom 8. November
wurden denn auch schöne Beiträge gespendet, so dass monatlich etwa 390 Gulden
zusammenkamen. Über 60 Personen verpflichteten sich, wöchentlich 4 Kreuzer an
die Armen zu bezahlen, über 40 versprachen 6 Kreuzer und etwa 20 Personen je
8 Kreuzer usw.. Das Mitgefühl war stärker denn je spürbar und so gab es 2
Mitbürger, welche in der Woche freiwillig 3 Gulden bezahlten. Schon bald
reichte aber dieses nicht mehr und die Armengaben mussten bedeutend erhöht
werden. Als auch diese Erhöhung noch nicht den gewünschten Erfolg brachte,
wurde im August eine Vermögenssteuer von 2 Gulden auf Tausend Gulden verfügt,
welche aber bereits im Oktober wiederholt werden musste. Die Unterstützung
der Notleidenden fand nicht nur mit Geld, sondern grösstenteils mit
Lebensmitteln statt. Die schon erwähnte Armenkommission teilte vom 24.
Oktober 1816 bis 27. Juni 1817 zur Hauptsache Musmehl aus, es gab aber auch
andere Viktualien wie Erdäpfel vom 12. Dezember 1816 bis 9. Januar 1817 und
Brot, welches vom 1. Mai bis zum 26. Juni 1817 ausgeteilt wurde. Zwischen dem
3. Juli und 2. November 1817 kochte man den Armen wöchentlich 1900 – 2400
Portionen Suppe, wobei sie in der Regel jeden Werktag einmal und am Samstag
und vor Festtagen zweimal - das zweite Mal war für den folgenden Tag gedacht
- ausgeteilt wurden. Die Suppe konnte im Waschhaus auf der Röhrenbrugg und in
bei Laurenz Koller in der Au, wo sie in gewöhnlichen Kesseln gesotten wurde,
abgeholt werden. Sie bestand aus 4
Pfund Gerste, 2 Pfund Reismehl, 2 Pfund Musmehl mit Grüben oder Knochenfett,
Salz und einem Eimer Wasser. Diese Suppenaktion kostete die Gemeinde 1947
Gulden 41 Kreuzer. Vom November 1817 bis Mitte Mai 1818 wurden dann
hauptsächlich Musmehl und Brot ausgeteilt. Zur Linderung der Hungersnot wurde
auch holländischer Weizen gekauft. Von dem von den Regierungen Bayerns und
Württembergs bewilligten Kornquantum erhielt Speicher wöchentlich 110
Viertel. Das von diesem Quantum gebackene Brot wurde anfangs wöchentlich
zweimal an die Armen ausgeteilt. Später backte man für drei Seelen wöchentlich
ein Laib, was auf die Gemeinde 796 Brote ergab. Die Schwende bekam davon 32
Viertel, wovon Jakob Graf aus der Au bei Ratsherr Tobler an der Kohlhalde das
Brot beziehen musste und es zu einem Preis von 1 Gulden 10 Kreuzer verkaufen
durfte. Das reguläre Brot kostete bei den Bäckern um diese Zeit 1 Gulden 24
Kreuzer. Weil viele aus Mangel an
Arbeit oder wegen fehlender Fähigkeiten gar nichts verdienen konnten und der
Rest zu einem einzigen Lohn arbeiten musste, der aber in gar keinem
Verhältnis zu den Lebensmittelpreisen stand, versuchte man das Volk zu
beschäftigen. Von den um Unterstützung nachgefragten Personen verdiente z.B.
ein Weber wöchentlich 28 Kreuzer bis 1 Gulden 45 Kreuzer, ein Spuler 4
Kreuzer bis 2 Gulden, eine Stickerin, Höhlerin, Festoniererin 30 Kreuzer bis
1 Gulden und eine Ausschneiderin 18 bis 42 Kreuzer. Damit diesen Handwerkern
geholfen werden konnte, wurde eine Kommission von 7 Mitgliedern ernannt,
welche bei den Fabrikanten um Arbeit nachsuchte. Diejenigen, welche noch
nichts verdienen konnten, liess man in den verschiedenen Zweigen der
Fabrikation unterrichten. Auf diese Weise lernten 10 Personen das Spinnen und
23 Personen den Blattstich, das Höhlen, Sticken, Nischeln, Knöpfeln und
Festonieren, oder mehrere Tätigkeiten davon gleichzeitig. Als Lehrerin konnte
die Tochter von Adam Schläpfer im Bendlehn gewonnen werden. Obwohl diese
Ausbildung Kosten von 204 Gulden 11 Kreuzer verursachte, hatte sie nicht viel
gewirkt. Sobald der Ernst der Lage etwas nachgelassen hatte, wurden laut
Landeshauptmann Zuberbühler sel. wieder die gewöhnlichen Beschäftigungen vorgezogen.
Speicher gab während dieser furchtbaren Hungersnot zirka 10'000 Gulden für
die Armen aus. In diesem Betrag sind die 4000 Gulden nicht mitgerechnet, welche
für das Waisenhaus ausgegeben wurden. Von der
grossen Teuerung und der damit verbundenen Hungersnot gibt folgendes
Verzeichnis der Brotpreise eine Übersicht: |
Datum |
Maximalpreis |
Datum |
Maximalpreis |
||
1817 |
Gulden |
Kreuzer |
1818 |
Gulden |
Kreuzer |
2. Januar 1817 |
|
39 |
Januar |
|
44 |
Februar |
1 |
|
Februar |
|
44 |
März |
1 |
2 |
März |
|
36 |
April |
1 |
24 |
April |
|
34 |
Mai |
1 |
52 |
Mai |
|
29 |
Juni |
2 |
|
Juni |
|
30 |
Juli |
1 |
52 |
Juli |
|
28 |
August |
1 |
24 |
August |
|
24 |
September- Dezember |
|
44 |
September-Dezember |
|
20 |
Wie gross die Not war, das
beweist der Umstand, dass viele Güterbesitzer ihr Vieh schlachten mussten.
Beim daraus erfolgten niedrigen Heupreis war der Erlös des Heues so gering,
dass er kaum vor Hunger schützen mochte. Zudem konnten sie nicht zinsen und
trotz der grossen Anstrengungen der Vermögenden sterben viele an den Folgen
des Mangels. Das Waisenhaus war über und über voll und jeden Tag kamen mehr
Menschen, oft auf dem Bettelgang. Auch im Waisenhaus litten viele an der
Hungergeschwulst, obschon dort niemand richtig Hunger leiden musste. Zum
ganzen Leid trat im Spätjahr noch das Nervenfieber auf, wobei im Waisenhaus
beinahe alle von dieser Krankheit angesteckt wurden, selbst die Waiseneltern
wurden krank. Mit viel Mühe gelang es endlich, für diese Zeit Brunnenmeister
Altherr und sein Weib für die Vertretung der Waisenelternstelle zu gewinnen.
Der pflichtgetreue Waisenpfleger und nachherige Landeshauptmann Zuberbühler
liess sich deswegen nicht abhalten, das Waisenhaus wöchentlich zwei- bis dreimal
zu besuchen. Auf Grund der sorgfältigen Beachtung der nötigen
Vorschriftregeln blieben er und seine Familie von der Krankheit verschont. Seit diesen unsäglichen
Jahren der Not und Pein wurde Speicher von einer solch grossen Teuerung bis
jetzt verschont, obwohl es weitere Jahrgänge gab, welche ebenfalls bedeutende
Ausgaben für die Armen erforderten. Erwähnenswert sind dabei die Jahre 1832
und 1833, wo zur Linderung der Not wieder eine Landesarmenkommission eingesetzt
wurde, um besonders den ärmsten Gemeinden zu helfen. Auch in den Jahren 1846
und 1847 waren die Mittel sehr knapp, was aus den nachfolgenden Armenrechnungstabellen
ersichtlich ist. Die eigentliche Armenrechnung fangen wir aber nicht mit dem
Jahr 1614 an, weil eine solche vollständige Tabelle zu umfangreich würde und
beim Stand der früheren Buchführung unmöglich zu erstellen wäre. Wir starten
deshalb die Aufzeichnung mit dem gegenwärtigen Jahrhundert und beschränken
uns in Bezug auf das 17. und 18. Jahrhundert auf Notizen. Die erste Armenrechnung findet
sich im Kirchenrechnungsbuch und ist datiert mit dem Jahr 1619, wo es hiess: |
1619 |
„Item sol Andreas Schitli armen lütenpfleger, ist
dem armen gut 1 Gulden. Item die
Kirchhöre sol ihren armen zum Spycher 7 Gulden 2 Batzen“ |
1626 |
“Summe der armen lüthen schulden tut 61 Gulden 11
Kreuzer“ |
1658 |
Hernach folget der armen lüten gelt Ho Hans Tanner sol 25 Gulden 10 Kreuzer uff
Lichtmess Me sol die Kirchhöre 52 ½ Gulden 5 Batzen Bli Koller im herbrig sol den armen 2 ?? und 3
Batzen Michel Rechsteiner zu Bendlehn sol den Armen 24
Gulden 40 Kreuzer und 2 Kreuzer |
1662 |
Mehr sol die Kirchhöre 52 Gulden 12 Batzen 2 Kreuzer Die Kirchhöre bleibt den Armen 50 Gulden 1 Kreuzer
übrige 2 Gulden 12 Batzen samt den Zinsen hat man den hausarmen in der gemeind
geben Enzen Jaggelin 5 Gulden, Martis Hansen selig 2 Gulden, das übrige
etliche steuren für arme presthafte zu erfüllen. |
1668 |
Das vergangene Jahr hat man 8 Gulden 3 Kreuzer onder
die frömbden armen austeilt und darum ordentliche Rechnung geben. |
1685 |
Erstlich gab ich (der Pfarrer, der, wie es scheint,
die Austeilung des in den Stock gefallenen Geldes besorgte) Rechnung wegen
des anvertrauten Armenguts, es ist dis jahr ausgeteilt worden 21 Gulden 5
Kreuzer 2 Kreuzer Jte von Hans Sauter 5 Gulden 4 Batzen 3Kreuzer, Aufs neuw in
den stock gefallen, belauft sich auf 17 Gulden weniger 8 Kreuzer. Bartli
Grunholzer sol den armen und Schulkindern 120 Gulden 5 Batzen. |
1696 |
betrug das Armenkapital „ohngefehr 480 Gulden“ |
1700 |
„ohngefehr 530 Gulden“ |
1710 |
Armengeltlein oder was in den stock gefallen ist
ausgeteilt worden 27 Gulden. Jtem von Häni Tanner 5 Gulden 4 Batzen. Aufs neuw in den stock gefallen, belauft sich auf 26
Gulden. Den Hausarmen ist dies jahr ausgeteilt worden 36
Gulden. Die Armen haben ohngefehr Capital 700 Gulden. |
1716 |
kommt ein Adam Niederer als Armeneinzieher und |
1717 |
als Armenpfleger vor. |
1718 |
ist von Amt Hauptlüt und Räten verordnet worden,
dass von dato an ein jeweiliger Armenpfleger zu seiner Besoldung haben soll 1
Gulden 48 Kreuzer |
1719 |
betrug das Armenvermögen 808 Gulden |
1730 |
stieg es auf 1210 Gulden und hatte 60 Gulden 51 ½
Kreuzer Ausgaben |
1736 |
belief sich das Vermögen auf 1828 Gulden und die
Ausgaben auf 97 Gulden 44 Kreuzer |
1764 |
Zu dieser Zeit betrug das Armenkapital zirka 5000
Gulden. Im Oktober wurde das 150 - jährige Jubiläum der Stiftung der Kirchgemeinde
Speicher gefeiert, und bei dieser Gelegenheit beschlossen „Amt Hauptleüt und
Räte, die Schuldtitel aller Gemeindegüter, jedes für sich allein, aufzuzeichnen“ |
1792 |
Das Armenkapital betrug 8027 Gulden 12 Kreuzer |
Von 1801 an gibt die
nachfolgende Tabelle Auskunft über den finanziellen Zustand des Armengutes.
Dieses erhielt seine Zuflüsse, nebst den schon vorher erwähnten Steuern, aus
den Zinsen des Kapitals und den Vermächtnissen, welche z. B. von 1733 –
1763 2558 Gulden und von 1765 –
1800 7565 Gulden betrugen. Auslagen wurden
gemacht für: Hauszins für Arme, Wochengaben, Extragaben, Kleider und
Bettelgewand, Arztkonti, Begräbniskosten, Lehrlohn, früher auch Schullohn für
arme Kinder und verschiedene andere, kleinere Ausgaben. Armenrechnungstabelle: |
Jahrgang |
Einnahmen |
Ausgaben |
Vermächtnisse |
Vermögen |
||||
|
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
1801 |
1117 |
45 |
1328 |
27 |
200 |
|
5993 |
3 |
1802 |
1102 |
24 |
867 |
43 |
208 |
|
6093 |
|
1803 |
1721 |
52 |
1798 |
|
750 |
|
6771 |
9 |
1804 |
1561 |
4 |
2392 |
59 |
131 |
|
6339 |
38 |
1805 |
2196 |
45 |
1980 |
14 |
944 |
|
7287 |
4 |
1806 |
1862 |
48 |
1971 |
13 |
372 |
|
7373 |
46 |
1807 |
1604 |
13 |
1803 |
39 |
33 |
|
7624 |
35 |
1808 |
1522 |
3 |
2102 |
9 |
11 |
|
7649 |
3 |
1809 |
1538 |
53 |
2889 |
50 |
214 |
|
7599 |
3 |
1810 |
1547 |
33 |
2625 |
23 |
61 |
|
7789 |
3 |
1811 |
1178 |
15 |
3426 |
|
60 |
|
8024 |
25 |
1812 |
1834 |
34 |
5207 |
8 |
590 |
|
8024 |
23 |
1813 |
1990 |
46 |
2597 |
58 |
416 |
|
8159 |
20 |
1814 |
2838 |
31 |
2882 |
8 |
316 |
|
8859 |
43 |
1815 |
1835 |
30 |
1930 |
57 |
151 |
42 |
8859 |
43 |
1816 |
2037 |
14 |
3035 |
24 |
86 |
|
9159 |
43 |
1817 |
6381 |
37 |
9906 |
31 |
90 |
|
9475 |
28 |
1818 |
4504 |
58 |
4792 |
34 |
|
|
8923 |
28 |
1819 |
2989 |
14 |
2922 |
58 |
100 |
|
9043 |
46 |
1820 |
2557 |
36 |
2369 |
32 |
700 |
|
9798 |
26 |
1821 |
2083 |
57 |
1634 |
12 |
500 |
|
9308 |
26 |
Wir möchten die Rechnungen
der Jahrgänge 1816, 1817 und 1818 etwas ausführlicher betrachten, da sie in
Bezug auf die herrschende Not sehr aussagekräftig ist: |
Einnahmen: |
1816 |
1817 |
1818 |
|||
|
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Zinsrodel |
383 |
55 |
389 |
20 |
|
|
Monatssteuern |
385 |
13 |
335 |
58 |
|
|
Nachtmahl- und Bettagssteuern |
365 |
29 |
325 |
46 |
|
|
Hochzeitsgaben,
Hochzeitssteuern |
69 |
05 |
20 |
47 |
|
|
Bussen |
9 |
18 |
1 |
|
|
|
Rückzahlungen |
129 |
20 |
96 |
59 |
|
|
Armeneinzüge |
630 |
|
4211 |
54 |
2639 |
13 |
Hintersässgeld |
57 |
36 |
35 |
42 |
|
|
Nichtbezogene Neujahrsgelder |
7 |
18 |
|
|
|
|
Quantumshafer und Nachmehl verkauft |
|
|
143 |
52 |
|
|
Geschenk vom Armenpfleger
Zuberbühler |
|
|
52 |
30 |
|
|
Vom Seckelmeister Tobler zum
Ankauf von Kartoffeln vorgeschossen |
|
|
74 |
|
|
|
Von den Vermächtnissen bei
Seckelmeister Tobler enthoben |
|
|
363 |
49 |
147 |
|
Zedelabzahlung |
|
|
330 |
|
|
|
Summa |
2037 |
14 |
6381 |
37 |
4504 |
58 |
Dem Armenpfleger Saldo |
998 |
10 |
3524 |
54 |
287 |
36 |
Total Einnahmen |
3035 |
24 |
9906 |
54 |
4792 |
34 |
Ausgaben: |
1816 |
1817 |
1818 |
|||
|
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Kassiersaldo vom vorigen Jahr |
143 |
30 |
|
|
|
|
Hauszinse |
645 |
55 |
1295 |
|
1167 |
45 |
Wochengelder |
746 |
|
1576 |
8 |
1033 |
22 |
Lehrlohn |
50 |
|
|
|
|
|
Extragaben |
535 |
49 |
819 |
7 |
314 |
35 |
Kleider und Bettgewand |
247 |
44 |
207 |
52 |
183 |
15 |
Arzt- Abwart- und
Begräbniskosten |
313 |
55 |
792 |
19 |
1026 |
35 |
Zehrpfennige an Reisende à 3
Kr. |
80 |
42 |
41 |
33 |
23 |
3 |
Büchergeld von Pfarrer Saldo
zum Besten des Armenseckels |
|
48 |
3 |
17 |
2 |
19 |
Armenkommission |
271 |
1 |
|
|
1038 |
58 |
Quantumhafer |
|
|
1556 |
32 |
|
|
Musmahler-Lohn |
|
|
84 |
9 |
|
|
Musmehl gekauft |
|
|
962 |
24 |
|
|
Erdäpfel |
|
|
74 |
|
|
|
Geldgaben |
|
|
537 |
59 |
|
|
Suppenanstalt |
|
|
1947 |
41 |
|
|
Zwei neue Schreibbücher |
|
|
8 |
30 |
|
|
Reinigung des Rathausganges |
|
|
|
|
2 |
42 |
Total Ausgaben |
3035 |
24 |
9906 |
31 |
4792 |
34 |
Rückschlag im Armengut |
Gulden |
Kreuzer |
Saldo dem Kassier von 1818 |
998 |
10 |
Saldo dem Kassier von 1819 |
3524 |
54 |
An Seckelmeister Tobler |
|
74 |
Vermächtnisse, welche
kapitalisiert werden sollten, aber bei Seckelmeister Tobler enthoben wurden |
363 |
49 |
Ein Zedel abgezahlt |
330 |
50 |
Total |
5290 |
53 |
Armenrechnungstabelle:
(Weitergeführte Tabelle von oben) |
Jahrgang |
Einnahmen |
Ausgaben |
Armenausgaben |
Vermächtnisse |
Vermögen |
|||||
|
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
1822 |
2311 |
3 |
2226 |
22 |
1596 |
41 |
400 |
|
9708 |
26 |
1823 |
1791 |
30 |
2157 |
34 |
1719 |
55 |
160 |
|
9944 |
14 |
1824 |
3343 |
6 |
3758 |
11 |
2051 |
14 |
161 |
|
10954 |
26 |
1825 |
2227 |
18 |
3031 |
13 |
2073 |
45 |
235 |
|
12306 |
53 |
1826 |
3440 |
48 |
4285 |
18 |
1606 |
25 |
1642 |
|
13904 |
17 |
1827 |
6950 |
18 |
7189 |
14 |
1917 |
9 |
61 |
|
13818 |
45 |
1828 |
3958 |
58 |
4881 |
53 |
2054 |
33 |
2172 |
|
16181 |
5 |
1829 |
6507 |
15 |
6595 |
58 |
1890 |
45 |
3786 |
54 |
21442 |
39 |
1830 |
1592 |
15 |
2192 |
14 |
1944 |
30 |
526 |
|
20504 |
36 |
1831 |
2830 |
|
2962 |
52 |
2210 |
26 |
864 |
10 |
21276 |
40 |
1832 |
4010 |
46 |
3839 |
19 |
3569 |
19 |
913 |
30 |
22261 |
10 |
1833 |
3792 |
58 |
2941 |
25 |
2758 |
35 |
683 |
|
23070 |
54 |
1834 |
2605 |
7 |
2560 |
35 |
2508 |
35 |
740 |
|
23812 |
4 |
1835 |
2692 |
|
2095 |
|
2038 |
17 |
307 |
|
24093 |
39 |
1836 |
2507 |
41 |
2313 |
54 |
2254 |
14 |
157 |
|
24175 |
39 |
1837 |
2887 |
49 |
2638 |
11 |
2562 |
30 |
278 |
|
24589 |
20 |
1838 |
2856 |
|
2772 |
50 |
2689 |
19 |
27 |
12 |
24619 |
52 |
1839 |
2726 |
14 |
2605 |
51 |
2529 |
48 |
181 |
36 |
24614 |
28 |
1840 |
3008 |
34 |
2428 |
40 |
2356 |
37 |
1681 |
12 |
26225 |
50 |
1841 |
2694 |
3 |
2279 |
54 |
2217 |
19 |
40 |
|
26235 |
45 |
1842 |
2588 |
47 |
2225 |
9 |
2183 |
9 |
350 |
|
26618 |
33 |
1843 |
3007 |
41 |
2338 |
21 |
2270 |
5 |
|
|
26651 |
46 |
1844 |
2890 |
54 |
2558 |
34 |
2471 |
55 |
216 |
12 |
26850 |
32 |
1845 |
2558 |
22 |
2468 |
34 |
2395 |
21 |
50 |
|
26810 |
15 |
1846 |
3128 |
23 |
2829 |
43 |
2769 |
27 |
186 |
18 |
26994 |
41 |
1847 |
3924 |
27 |
3768 |
29 |
3675 |
50 |
16 |
12 |
27068 |
7 |
1848 |
3253 |
10 |
3131 |
50 |
2991 |
56 |
64 |
|
27238 |
7 |
1849 |
2617 |
26 |
2549 |
22 |
2479 |
28 |
75 |
|
27533 |
45 |
1850 |
2431 |
33 |
1980 |
54 |
1934 |
55 |
177 |
|
27747 |
4 |
Die wirklichen Auslagen an
die Armen betrugen von 1821 – 1850, also während 30 Jahren genau 69'235
Gulden 53 Kreuzer. Unter den übrigen Ausgaben sind auch Kapitalanlagen etc.,
und unter den Einnahmen die Kapitalabzahlungen, Vermächtnisse etc.
inbegriffen. Die Armen- und Waisenhäuser Wir haben schon im vorherigen
Kapitel die Waisenhäuser erwähnt und wollen nun über ihre Entstehung und Geschichte
berichten: Die in den Hungerjahren von
1770 – 1772 so sehr überhand genommene Zahl der Armen und die Schwere der
Armut selbst erfüllten viele Herzen mit Wehmut. Je tiefer nun das Mitleid in
den Herzen der Väter unserer Gemeinde
und anderer Männer verwurzelt war, umso klarer erkannte man, dass die
bisherigen Mittel zur Behebung der herrschenden Not noch lange nicht
ausreichten. Mit der zunehmenden Armut suchte man verzweifelt nach
Leuten, welche die bisherigen Helfer
unterstützen und den Armen stärkeren Beistand leisteten konnten. Aus diesen
Gründen kamen Männer in verschiedenen Gemeinden auf den Gedanken,
Waisenhäuser zu errichten. In diesen sollten von der Arbeit ermüdete Alte den
Rest ihrer Tage ruhig und ohne Nahrungssorgen verbringen können, körperlich
Gebrechliche verpflegt werden und schutzlose Waisen Obdach, Pflege und
Erziehung finden. Dieses Ziel wurde tatkräftig weiterverfolgt und mit Hilfe
anderer gemeinnütziger Mitbürger konnten diese Anstalten ins Leben gerufen
werden. Nachdem 1768 in Trogen und 1769 in Herisau bereits solche
Waisenhäuser errichtet worden waren, beschloss Speicher an der Kirchhöre von
1791, ebenfalls nachzuziehen. Dieser Entscheid wurde zudem durch die
Ankündigung von Michael Rechsteiner begünstigt, welcher ein Geschenk von 1000
Gulden versprach, wenn die lästigen Freundschaftssteuern abgeschafft würden
und ein Waisenhaus errichtet werden könnte. Im folgenden Jahr wurden
folgende Beiträge für das neue Waisenhaus gesammelt: |
|
Gulden |
Kreuzer |
Ob dem Holz |
10904 |
15 |
In der Schwende |
647 |
12 |
Von auswärtigen
Gemeindegenossen |
248 |
22 |
Von allen Vogtkindern |
398 |
15 |
Gemachte Vermächtnisse |
2963 |
|
Versprochene Vermächtnisse |
740 |
|
Gabe von Herrn Sulzer |
100 |
|
Summa |
16000 |
4 |
Das gesammelte Geld wurde nun
an Zins gelegt und das Haus Nr. 179 an der Kohlhalde in Pacht genommen. 1797 nahm man die gute Gelegenheit wahr, die Heimat Nr. 168 auf der
Holderschwende für 4850 Gulden zu kaufen. Die anfängliche
Zahl der hier untergebrachten Armen vergrösserte sich zusehends, was öfters
Zusatzgelder zur Deckung des Defizits nötig machten. Eine Erweiterung der
Gebäulichkeiten war unvermeidlich geworden und so baute man 1813 einen neuen
Waisenstadel und eine neue Stube mit Kammer. Die Kosten beliefen sich auf
rund 3000 Gulden und verursachten eine Spezialsteuer von 2 Gulden vom
Tausend. Folgende Waisenrechnung mag
über den ökonomischen Bestand der Anstalt Aufschluss geben: |
Jahrgang |
Kosten |
Arbeiten |
Defizit |
Vermächtnisse |
Vermögen |
||||
|
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Gulden |
Kreuzer |
1796 |
|
|
|
|
|
|
5131 |
|
|
1797 |
1927 |
43 |
666 |
59 |
1260 |
44 |
190 |
17511 |
48 |
1798 |
2167 |
31 |
948 |
30 |
1219 |
1 |
255 |
17063 |
39 |
1799 |
2150 |
|
910 |
|
1240 |
|
700 |
17481 |
19 |
1800 |
2567 |
|
867 |
41 |
1808 |
42 |
82 |
17001 |
|
1801 |
2071 |
8 |
1150 |
52 |
1220 |
16 |
1233 |
18358 |
21 |
1802 |
2239 |
24 |
1000 |
|
1239 |
24 |
1501 |
18532 |
|
1803 |
2274 |
58 |
776 |
56 |
1498 |
2 |
320 |
17014 |
52 |
1804 |
2066 |
11 |
940 |
13 |
1126 |
6 |
190 |
13017 |
6 |
1805 |
2444 |
40 |
1163 |
47 |
1280 |
53 |
1082 |
13380 |
50 |
1806 |
2806 |
56 |
1006 |
51 |
1800 |
5 |
624 |
13160 |
47 |
1807 |
2698 |
27 |
988 |
22 |
1713 |
5 |
295 |
18660 |
47 |
1808 |
1856 |
41 |
578 |
22 |
782 |
20 |
566 |
20194 |
1 |
1809 |
1861 |
7 |
628 |
27 |
1232 |
40 |
2160 |
15622 |
18 |
1810 |
2227 |
10 |
604 |
10 |
1622 |
59 |
231 |
|
|
1811 |
1859 |
36 |
232 |
18 |
1627 |
18 |
844 |
16772 |
18 |
1812 |
1862 |
32 |
122 |
40 |
1739 |
52 |
1925 |
18532 |
18 |
1813 |
2341 |
12 |
243 |
46 |
2096 |
47 |
1000 |
19172 |
|
1814 |
2160 |
2 |
620 |
30 |
1422 |
37 |
619 |
19372 |
|
1815 |
2418 |
17 |
974 |
30 |
1443 |
47 |
11 |
19372 |
|
1816 |
3425 |
9 |
716 |
21 |
2718 |
18 |
972 |
20539 |
18 |
1817 |
4083 |
39 |
437 |
48 |
1993 |
6 |
272 |
20560 |
18 |
1818 |
2611 |
10 |
574 |
3 |
2037 |
7 |
457 |
20667 |
48 |
1819 |
2192 |
47 |
624 |
34 |
1568 |
13 |
621 |
21067 |
48 |
1820 |
1603 |
57 |
666 |
45 |
937 |
12 |
1613 |
21706 |
8 |
1821 |
2905 |
|
607 |
10 |
2297 |
50 |
1044 |
21973 |
17 |
1822 |
1782 |
37 |
703 |
46 |
1078 |
51 |
444 |
23184 |
12 |
1823 |
1399 |
20 |
608 |
17 |
790 |
36 |
364 |
22643 |
28 |
1824 |
1923 |
45 |
574 |
28 |
2384 |
50 |
806 |
23795 |
38 |
1825 |
1972 |
15 |
624 |
39 |
1347 |
36 |
548 |
23829 |
43 |
1826 |
2022 |
32 |
652 |
33 |
1369 |
59 |
560 |
22286 |
2 |
1827 |
2940 |
48 |
494 |
9 |
2446 |
39 |
377 |
23734 |
2 |
1828 |
1826 |
58 |
580 |
11 |
726 |
48 |
2114 |
25758 |
17 |
1829 |
1807 |
34 |
500 |
39 |
1306 |
55 |
32 |
25758 |
17 |
1830 |
1936 |
12 |
525 |
14 |
851 |
2 |
400 |
26239 |
7 |
|
Einnahmen |
|
erarbeitet |
|
Ausgaben |
|
|
|
|
1831 |
1753 |
55 |
270 |
43 |
1622 |
52 |
5300 |
26617 |
16 |
1832 |
1776 |
13 |
224 |
46 |
1630 |
3 |
110 |
31304 |
45 |
1833 |
2170 |
25 |
423 |
16 |
2058 |
33 |
11 |
31290 |
45 |
1834 |
2181 |
25 |
532 |
33 |
2000 |
46 |
250 |
31515 |
53 |
1835 |
2109 |
2 |
486 |
2 |
2126 |
38 |
|
31486 |
44 |
1836 |
2124 |
8 |
409 |
|
1833 |
27 |
22 |
31490 |
48 |
1837 |
2217 |
1 |
304 |
11 |
2544 |
32 |
|
31490 |
58 |
1838 |
2536 |
8 |
400 |
9 |
2978 |
3 |
|
31349 |
40 |
1839 |
2793 |
41 |
380 |
53 |
3648 |
39 |
|
31335 |
4 |
1840 |
3253 |
51 |
590 |
14 |
3253 |
58 |
|
31303 |
3 |
1841 |
2382 |
37 |
617 |
2 |
2346 |
10 |
|
29745 |
21 |
1842 |
5695 |
49 |
648 |
24 |
2728 |
23 |
|
29692 |
33 |
1843 |
3106 |
43 |
407 |
25 |
5612 |
49 |
|
29722 |
33 |
1844 |
3376 |
51 |
375 |
31 |
3098 |
8 |
|
29717 |
36 |
1845 |
3291 |
2 |
426 |
23 |
3291 |
2 |
|
25067 |
|
1846 |
4459 |
23 |
660 |
50 |
4533 |
7 |
11 |
25075 |
|
1847 |
3112 |
5 |
678 |
44 |
3128 |
40 |
150 |
25105 |
|
1848 |
3844 |
36 |
534 |
27 |
3340 |
17 |
|
25044 |
|
1849 |
3042 |
7 |
632 |
57 |
2832 |
47 |
|
25087 |
42 |
1850 |
2485 |
41 |
980 |
23 |
2720 |
25 |
30 |
25117 |
45 |
Für die Verbesserung des
finanziellen Zustandes der Institution waren besonders Ratsherr Tobler an der
Kohlhalde und Seckelmeister Tobler besorgt. Ratsherr Tobler kaufte 1802 den
Nördliwald für 638 Gulden und schenkte ihn mit einem in der Nähe gelegenen Stück
Tratt (Wiese), das er um weitere 100 Gulden gekauft hatte, dem Waisenhaus. Im
Weiteren kaufte er in zwei Etappen von Johannes Ulrich Haas an der Kohlhalde
zwei an das Waisengut stossende Grundstücke im Gesamtbetrag von 2522 Gulden.
Schlussendlich übergab er noch einen Zedel von 200 Gulden, so dass sich seine
bei Lebzeiten an das Waisengut gemachten Schenkungen auf 3560 Gulden beliefen.
In seinem Testament wurde das Waisenhaus um zusätzliche 2000 Gulden beehrt.
Seckelmeister Tobler hatte dem Waisenhaus schon früher ein Stück Land geschenkt
und war auch für ein Legat von 5000 Gulden verantwortlich, welches von seinem
Vogtkind, Frau Schoch aus St. Gallen, zum Wohle der Institution gemacht
wurde. Über ihre Bedeutung, Leitung
und Versorgungsart gibt uns die Waisenordnung Auskunft, welche am 17.
November 1797 eingeführt und am 13. Februar 1821 kontrolliert und
überarbeitet wurde. Nach derselben stand dem Waisenhaus ein Waisenvater vor,
der einen wöchentlichen Lohn von Anfangs nur 1 ½, später aber 2 ½ Gulden erhielt.
Zu Aufsehern, welche zugleich für die Ökonomie verantwortlich waren, wurden
von Anfang an zwei Pfleger gewählt, wobei einer aus der Vorsteherschaft, der
andere als Privater angestellt wurden. Die Oberaufsicht hatte später eine
Waisenkommission inne. Meistens waren rund 40 – 50 Personen im Waisenhaus
wohnhaft, welche sich hauptsächlich aus Waisen, Witwen und anderen
hilfsbedürftigen Armen zusammensetzten, die wegen Krankheiten beständiger
Wartung und Pflege bedurften. Die Waisen wurden zum Schulbesuch,
Gebet und Gesang, zu religiösen Gedächtnisübungen, sowie auch zum Weben,
Spulen, Nähen, Stücken, Höhlen, Waschen und anderen häuslichen
Beschäftigungen angehalten. Zudem mussten sie das Vieh besorgen und Wiesen
und Ackerfelder bearbeiten, auf welchen Kartoffeln, Hafer oder Korn angebaut
wurden. Trotz diesen Beschäftigungen blieb noch vieles zu wünschen übrig,
denn einem unbefangenen Beobachter konnte nicht entgehen, dass die jungen
Waisen wohl eine Versorgungsanstalt, nicht aber eine Erziehungsanstalt
vorfanden. Wie in anderen Gemeinden, waren auch in Speicher verdorbene Individuen
untergebracht, welche zum Teil von den Kriminalbehörden der Gemeinde zur
Aufsicht ins Waisenhaus übergeben worden waren. Weil bei der wachsenden
Anzahl von Bewohnern der Anstalt die Einwirkungen auf die Jugend kaum gehörig
überwacht werden konnten, stellte sich immer deutlicher heraus, dass nur eine
völlige Trennung der Alten und Jungen in zwei voneinander unabhängige
Anstalten dem Übel abhelfen konnte. Die Waisenanstalt in der
Schurtanne Trogen gedieh unter der Leitung des wackeren Zellweger prächtig
und auch die Waisenanstalt im Schönenbühl in Teufen stand als leuchtendes
Beispiel da. Da wollte Speicher natürlich auch nicht länger zurückbleiben.
Die Vorsteherschaft von Speicher wurde durch grössere Vermächtnisse zu einer
eigenen getrennten Waisenanstalt aufgemuntert: |
Jahr |
Name |
Gulden |
1831 |
Jungfer Schläpfer im Herbrig |
500 |
1833 |
Alt Ratsherr Bartholome
Tanner |
1000 |
1835 |
Frau Koller in der Megglen |
800 |
1837 |
Mathias Tobler aus Heiden |
500 |
1840 |
Johannes Schläpfer im Gern |
600 |
1840 |
Frau Landeshauptmann
Zuberbühler |
900 |
1840 |
Alt Ratsherr G.L. Schläpfer
im Kaufhaus |
800 |
Das Vermögen für die zu
gründende Anstalt hatte 1834 erst 4662 Gulden betragen und war bis im Oktober
1840 auf 10475 Gulden angewachsen. Nun entschloss sich die Vorsteherschaft,
dem Wunsch von Alt- Ratsherr G. L. Schläpfer zu entsprechen und liess durch
Hans Konrad Oertli die Heimat des Johannes Kellenberger auf der Holderschwende
für den Betrag von 4800 Gulden und 6 Taler Trinkgeld kaufen, mit dem
Vorbehalt, dass die Kirchhöre zustimme, was am 22. November 1840 auch geschah: |
|
1. |
Die Vorsteherschaft zu bevollmächtigen, die Trennung
der Waisen von den Alten vorzunehmen und die damit verbundenen Geschäfte und
die Wahl eines Erziehers oder Waisenvaters zu besorgen. |
2. |
Der Kauf der Heimat des Johannes Kellenberger auf
Holderschwende ist genehmigt. Ehre dem fortschreitenden Geiste. |
Bald darauf war Baubeginn auf
dem gekauften Heimwesen und man sah sich nach einem tüchtigen Erzieher um,
der dann am 27. Mai 1842 in der Person von Lehrer Zumbrunn aus Könitz im Kt.
Bern gefunden wurde. Am 27. Juli 1842 fand die Einweihung und Eröffnung des
neuen Waisenhauses statt, welches 35 Waisenkindern Platz bot. Die älteren
Armen, ebenfalls 35 Personen, wurden in die gekaufte Heimat übersiedelt. Jede
dieser Institutionen lebt seitdem unter eigener Leitung und besonderen
Statuten. Weil diese Statuten ziemlich viel Raum einnehmen würden,
beschränken wir uns hier auf einen kurzen Überblick und erwähnen nur das
Wesentliche: Armenanstalt: |
|
1. |
Die Armenanstalt hat die Bestimmung, arme
gebrechliche, kranke, oder in hohem Grade geistesbeschränkte Personen zu
versorgen. |
2. |
Die Leitung der Anstalt ist den Armeneltern
übertragen, denen zur Besorgung der Einkäufe und Verkäufe die Pfleger zur
Seite stehen. (Nebst Kost und Logis erhielten die Armeneltern für sich und
ihre unerwachsenen Kinder 2 Gulden 42 Kreuzer wöchentliche Besoldung) |
3. |
Die gesunden Armen erscheinen im Sommer um 5 Uhr, im
Herbst und Frühling um 6 Uhr und im Winter um 7 Uhr zur Morgenandacht; dann
geht’s zum Essen, und hierauf zu den Haus- und Feldgeschäften, die mit den nötigen
Erholungen abwechseln. Um 8 Uhr wird die Abendandacht vorgenommen. |
4. |
Ihre Nahrung besteht in einfacher, aber nahrhafter
Kost, als: Brot, Habermus, Milch, Kartoffeln, Mehlspeisen und Gemüse; an
Festtagen, bei besonderen Anlässen und in der Heu- und Grummeternte auch
Fleisch. Besonders aber sind alte und kränkliche Leute auch hierin, wie in
der Verpflegung überhaupt, den Armeneltern aufs wärmste anempfohlen. |
5. |
Jeder Arme soll mit einem Werktags- und
Sonntagskleid, mit 4 Hemden, 2 Paar Schuhen, 2 Paar Strümpfen und 4
Nastüchern versehen sein. Jeder Arme soll ferner ein eigenes einschläfiges
und mit 4 Leintüchern versehenes Bett haben. |
|
|
Waisenanstalt: |
|
1. |
Die Anstalt hat den Zweck, elternlose Kinder, oder
solche gar dürftiger oder verdorbener Eltern zu körperlich und geistig
gesunden, rechtschaffenen Menschen zu erziehen und so der überhand nehmenden
Armut zu wehren. |
2. |
Ein Erzieher, den seine Frau besonders auch als Arbeitslehrerin
unterstützt, ist der Vorsteher der Anstalt. Er enthält nebst Kost und Logis
für sich und seine Familie (die Kinder bis zur Konfirmation) eine jährliche
Besoldung von 300 Gulden (nur Zumbrunn erhielt 400 Gulden). |
3. |
Die Oberaufsicht kommt der Gemeindeverwaltung zu,
welcher auch die zur Besorgung der ökonomischen Angelegenheiten gewählten
Pfleger untergeordnet sind. |
4. |
Die Aufnahme geschieht auch hier durch die
Verwaltung. Jedes aufzunehmende Kind muss wenigstens 5 Jahre alt sein. |
5. |
Die Alltagsschüler beschäftigen sich nebst der
Schulzeit, die zwei Stunden des Vormittags und zwei Stunden des Nachmittags
in sich fasst, mit den leichteren Haus- und Feldarbeiten, die Übungsschüler,
welche täglich noch eine Stunde Unterricht erhalten, mit Weben und je nach
der Jahreszeit auch mit Feldarbeiten. Die Mädchen haben sich auch in
weiblichen Arbeiten zu üben. |
6. |
Die Kinder werden zum Gebet angehalten; die
Erziehung soll überhaupt eine religiöse sein. |
7. |
Die Schulkommission überwacht die Erziehung und den
Unterricht in der Waisenanstalt. Der Pfarrer erteilt den Religionsunterricht. |
8. |
Zur Erholung sollen den Kindern belehrende
Unterhaltung, gymnastische und andere Spiele dienen. |
9. |
Die Nahrung ist die gleiche, wie oben; ebenso gilt
auch hier, was dort in Beziehung auf Kleider und Bett gesagt ist, nur mit dem
Unterschied, dass ein Kind, statt 2, 3 Paar Strümpfe erhält. |
10. |
Der Austritt geschieht in der Regel nach erhaltenem
Konfirmationsunterricht; doch gestatten besondere Umstände eine Ausnahme. |
11. |
Austretende Waisenknaben, die ein Handwerk zu lernen
wünschen, erhalten hierzu die nötige Unterstützung. |
12. |
Geistesbeschränkte siedeln von der Waisenanstalt in
die Armenanstalt über. |
|
|
Da wir über die Geschichte
des Armenhauses nichts weiteres berichten können, möchten wir noch die
Armenväter erwähnen. Der Armenanstalt standen folgende Männer vor: |
|
a. |
vor der Trennung: |
|
Konrad Schittle, Blatten –
Konrad |
|
Johannes Eugster, 1807
gewählt |
|
Mathias Sturzenegger, 1812
gewählt |
|
Hans Ulrich Schläpfer, 1820
gewählt |
|
Hans Ulrich Kellenberger,
1832 gewählt |
|
|
b. |
seit der Trennung: |
|
Hans Jakob Krüsi, 1838
gewählt |
|
Johannes Schefer, 1845
gewählt |
|
Jakob Krüsi, 1846 gewählt |
|
Hans Konrad Iller, 1849
gewählt |
|
|
In Beziehung auf die
Waisenanstalt kann doch etwas mehr berichtet werden. Die Anstalt war nun
organisiert und nährte die erwarteten Hoffnungen. Lehrer Zellweger schreibt
in seiner „Darstellung der schweizerischen Armenschulen“: „Und in der vernahm man nur eine Stimme über die
erfreuliche Entwicklung der Kinder in den neuen Verhältnissen; allein mancherlei
Störungen von Innen und Aussen wirkten hemmend auf den Gang der Anstalt in
ihrer freien Entwicklung, und versetzten ihr den ersten Stoss durch den
Austritt ihres Vorstehers“. Der Hauptgrund für Zumbrunn’s
Resignation war seine, eines treuen Mannes unwürdige und die freiere
Entwicklung eines Unternehmens hemmende unselbständige Stellung. Diese
nachteilige Einwirkung von aussen wurde durch die alle zwei Jahre
wiederkehrende neue Wahl der Pfleger noch spürbarer. Ehe sich Stimmen erheben
konnten, welche den Vorsteher durch einen gewöhnlichen Privatmann ersetzen
und die Waisenkinder in die Dorfschule schicken wollten, schritt die
Vorsteherschaft ein. Um diesen Rückschritt abzuwenden, wählte man Johannes
Rechsteiner aus Gais, damals Erzieher an der Knabenanstalt auf dem Berggut
Bättwil bei Burgdorf, zum neuen
Vorsteher. Im Januar 1845 trat Zumbrunn zurück und bereits am 20. Juni 1845
wurden die neuen Waiseneltern in ihren neuen Wirkungskreis eingeführt. Da
auch Rechsteiner mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, schmiss er den
Bettel hin und folgte am 2. Oktober 1848 dem Ruf seiner Vatergemeinde Gais an
die gleiche Stelle. Nun wählte man am 26. September 1848 den am 10. November
1829 geborenen Jakob Krüsi aus Speicher, welcher damals noch Seminarist in
Kreuzlingen war, zum Waisenvater. Da man ihm aber noch eine weitere
Ausbildungsfrist von einem Jahr gestattete, wurde die Leitung der Anstalt
provisorisch dem damaligen Weblehrer, Verwaltungsrat Hörler übertragen, welchem
Lehrer Sturzenegger als Lehrer und Jungfer B. Sturzenegger als Haushälterin
zugeteilt wurden. Mitte August trat Krüsi guten Mutes das neue Amt an. Wo
aber seine beiden älteren Vorgänger scheiterten, da hatten auch seine
jugendlichen Schultern eine allzu schwere Last zu ertragen. Bereits zum Ende
des Jahres 1849 resignierte er und trat zurück. Bis zum Eintritt eines neuen
Waisenvaters mussten die oben erwähnten drei Personen die Anstalt wieder
führen. Am 28. Februar 1850 traf der bisherige Schullehrer vom Saum in Herisau,
Johannes Lutz von Wolfhalden, in Speicher ein, um mit seiner anspruchslosen
Frau die Elternstelle bei den Waisenkindern anzutreten. Im Volk trat seither
in Bezug auf das Urteil über das Waisenhaus vollständige Ruhe ein und nährt
die Hoffnung, dass die Anstalt nun endlich die zu ihrem Gedeihen notwendigen
Wurzeln bilden konnte. Wir wollen noch mit der Waisenhausrechnung die
ökonomische Seite der Waisenanstalt beleuchten: |
Jahrgang |
Einnahmen |
daran erarbeitet |
Ausgaben |
für Lebensmittel |
Vermächtnisse |
Vermögen |
||||||
|
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
Gulden |
Kreuzer |
1842 |
|
|
|
|
|
|
|
|
1027 |
|
12117 |
26 |
1843 |
2278 |
34 |
205 |
42 |
2916 |
38 |
994 |
24 |
1837 |
48 |
13343 |
34 |
1844 |
2480 |
1 |
200 |
3 |
3328 |
53 |
744 |
26 |
1168 |
48 |
15681 |
2 |
1845 |
3817 |
54 |
243 |
51 |
3817 |
54 |
768 |
54 |
989 |
6 |
22528 |
17 |
1846 |
4401 |
25 |
642 |
19 |
4937 |
49 |
1621 |
13 |
408 |
|
23050 |
59 |
1847 |
3799 |
34 |
685 |
52 |
3065 |
55 |
985 |
40 |
193 |
12 |
23266 |
55 |
1848 |
3520 |
11 |
1100 |
3 |
3407 |
24 |
1203 |
21 |
1272 |
24 |
25687 |
47 |
1849 |
3009 |
49 |
1374 |
54 |
2889 |
15 |
782 |
7 |
1597 |
55 |
27279 |
5 |
1850 |
3720 |
41 |
2065 |
52 |
3436 |
36 |
964 |
12 |
540 |
30 |
29206 |
35 |
Der bedeutende Zufluss im
Jahr 1844 rührt daher, dass laut Rätebeschluss vom 1. November 1844, 4600
Gulden vom Armenhausgut an das Waisengut abgetreten wurden. 1842 hatte es 35
Waisen, 1852 deren 36. |