III.

Politisches Leben

 

Zum Ersten wird ein freies, weder von Furcht,

noch Hoffnung eingenommenes Gemüt erfordert.

Zum Anderen ist nötig, dass keine Parteilichkeit,

kein Eigeninteresse den Ratenden vom geraden Wege ableite,

sondern dass seine in der Liebe zum Vaterlande gegründeten Vorschläge                                  

das gemeine Beste allein in Absicht haben.

D. Kirchberger

 

Gemeindeverordnungen

 

Den Übergang vom vorhin behandelten Abschnitt der politischen Ereignisse zu den Gemeindeverordnungen bildet der Gemeindeaufsatz, welcher als eine Art Gemeindeverfassung betrachtet werden kann. Dieser Gemeindeaufsatz entstand einerseits aus den politischen Verhältnissen und den Verhandlungen an den Kirchhören, enthält aber auch die Vorschriften für die Besorgung des Gemeindehaushaltes.

Der Gemeindeaufsatz ist eine eher eigentümliche Erscheinung, da ausser Speicher keine Gemeinde unseres Landes eine geschriebene Konstitution hat. Bei uns ist sie aber zum Nutzen des allgemeinen Gutes schon seit 1658 bekannt. Nach der Gründung im Jahr 1614 war unser Gemeindegut wegen schlechter Verwaltung innerhalb von nur 44 Jahren bedeutend verringert worden. Die neuen Verordnungen konnten deshalb weiteren Missbräuchen ein Ende bereiten. Ihre wichtigsten Grundsätze sind:

     

1.

Öffentlichkeit der Rechnungen

2.

Sönderung der Gemeindegüter

 

Der 2. Grundsatz wurde durch Beschluss einer ehrwürdigen Synode im Jahr 1658 aufgestellt.

Über das Weitere möchten wir die Satzungen selber sprechen lassen.

 

Ordnungen und Satzungen

Die Verordnungen für die Verwaltung wurden von der Kirchhöre in Speicher am Sonntags vor Martini, dem 7. November 1658 beschlossen. Nach diesen Satzungen werde man sich in Zukunft richten müssen:

 

1.

Sollen auf Erkenntnis einer ganzen Synode, die 1658 zu Trogen gehalten worden, die gemeinen Güter um besserer Ordnung und Richtigkeit willen ins Künftige nicht untereinander gemischt, sondern ein jedes, das Kirchen- und Armengut besonders verzeichnet werden.

2.

Solle keine Schuld mehr zu den gemeinen Gütern erschicket werden, es geschehe denn mit Bewilligung und Gutheissen der sämtlichen Herren Vorgesetzten, die dann nichts sollen für gut erklären, als das laut dem Landbuch mit gutem Siegel und Brief, wie auch zweifachen Unterpfand wohl versichert und verwahrt ist, damit man keinen Verlust besorgen müsse. Auch soll man jederzeit das abgelöste Geld ohne Verzug wieder an Zins stellen und an gute Briefe verwenden.

3.

Solle man nichts in dem Kirchenbuch verändern, die abgelösten Schulden durchstreichen, und die neuen einschreiben, als an der Kirchenrechnung; auch solle um besserer Nachricht willen allezeit hinzugesetzt werden, wo man das abgelöste Geld wieder angewandt habe. Desgleichen solle man auch alle Jahre die Summe des Kirchen- und Armengutes ordentlich verzeichnen, damit man wisse, ob man für- oder hinterschlage und man auch im Künftigen rechnen könne, wie man von Jahr zu Jahr Haus gehalten habe.

4.

Damit man nicht wieder um das zusammengelegte Hauptgut komme, haben wir erkannt und verordnet, dass, wenn man jährlich die rechtmässigen Unkosten, so über eine Kirchhöre ergehen, aus dem gewöhnlichen Zins nicht bezahlen könne, solle man das Hauptgut nie angreifen, sondern es unbekümmert lassen, hingegen den Mangel an die Kirchhöre bringen, damit man ihm nach Möglichkeit Steuern oder Anderswie (besonders bei guten und wohlfeilen Zeiten) begegnen könne, willen es an dessen Zunehmen sehr Vieles gelegen ist.

5.

Wenn jemand etwas den gemeinen Gütern von seiner Verlassenheit vermache, solle man dasselbe allezeit, es sei wenig oder viel, nach dem Exempel anderer Gemeinden unseres Landes, ihm zu gebührendem Gedächtnis und anderen zu löblicher Nachfolge bei seiner Verkündung ab der Kanzel verlesen.

 

Für die Verwaltung des gemeinen Gutes wurde folgende Verordnung gemacht:

 

1.

„Solle man alle Jahre einen über die ganze Kirchhöre setzen, der Aufsicht habe zu den gemeinen Gebäuden und Kirchenholz, der als Baumeister was nötig verbessere, dem man nach gemeiner Kirchgenossen Gutachten gewisse Belohnung schöpfen wird.

2.

Solle man von ganzer Gemeinde einen Verwalter des Einnehmens und Ausgebens im gemeinen Gut erwählen, neben welchem Niemand anders, wer es auch sein möchte, in der Kirchhöre Namen zahlen oder einnehmen solle, der auch nicht wichtiges für die Hand nehmen soll als mit Wissen und Willen der gemeinen Räten, desgleichen seines Verrichtens halben jährlich an der Kirchenrechnung ordentlich und umständliche Rechnung gebe, demselben solle man auch sein Ausgeben und Bezahlen entweder als sobald der Rechnung mit Dank an barem Geld erstatten, oder womöglich ihm von Anfang auf Rechnung hin etwas Geld zu Händen geben, damit niemand der Kirchhöre zu dienen unwillig werde.

3.

Zum Besten des gemeinen Wesens haben wir auch beschlossen, dass hinfüro, wer es auch sei, weder viel noch wenig auf das gemeine Gut, unter was Schein und Vorwand es sein möchte, etwas verzehre oder vertrinke, sondern man wird einem Jeden sowohl an der Rechnung als sonst, wo es von Nöten, gewisse Besoldung geben. An der Rechnung ist es einem Besitzer verordnet 30 Kreuzer den Einziehern und dem Messmer für ihre Mahlzeit auch 30 Kreuzer desgleichen einem, der einen ganzen Tag völlig in der Kirche Namen auf gegebenen Befehl beschäftigt ist, 6 Batzen für seine Belohnung, und mag alsdann viel oder wenig aus seinem Sacke zehren, wie er will.

4.

Solle Niemand Gewalt haben, in der Kirchhöre Hölzer zu schicken und zu handeln, ohne gemeine Kirchhöre Bewilligung. Schliesslich wollen wir uns vorbehalten haben, mit Wissen und Willen der ganzen Kirchhöre, diese Satzungen zu mindern und zu mehren oder zu ändern, je nachdem es Zeit und Umstände erfordern. Damit man aber jederzeit eingedenk verbleibe, wollen wir, dass man sie fleissig aufzeichne und alle Jahre einmal um Martini Zeit öffentlich vorlese, damit sie nicht in Vergessenheit komme, auch sich Niemand der Unwissenheit entschuldigen könne, aus guter Wohlmeinung zu der Ehre Gottes, seines heiligen Wortes Verkündung und gemeinen Nutzen zu guten des Kirchenguts Vermehrung wie auch ganzer Gemeinde zum Besten wurde diese Regel das gemeine Gut zu verwalten aufgesetzt 1658“.

 

Durch die Umstände der Zeit veränderten sich die Verhältnisse und machten mehrere Änderungen und Zusätze in den Gemeindeordnungen notwendig. Auch der zweite und dritte Kirchenbau von 1723 und 1810 gaben Anlass dazu. Aus den verschiedensten Gründen wurden deshalb  in den Jahren 1723, 1732, 1743, 1744, 1762, 1769, 1780, 1803, 1810, 1830 und 1833 Änderungen von der Kirchhöre gutgeheissen. Im Jahr 1834 wurde durch die veränderte Verfassung und den Kirchhörebeschluss vom 16. November eine weitere Durchsicht des Gemeindeaufsatzes nötig. Der Hauptgrund lag darin, dass die Verwaltung der Gemeindegüter und die Besetzung der Pflegschaften einzig den Gemeindegenossen zustanden, die anderen Sachgeschäfte aber der gemeinsamen Kirchhöre übertragen werden sollten. Man versuchte nun dasjenige auszuscheiden, was vor die Gemeindegenossenkirchhöre müsste und was zur Genehmigung der Kirchhöre vorgelegt werden könnte. 1846 wurde in Folge der Gewaltentrennung abermals ein neuer Gemeindeaufsatz angenommen. Am meisten Abweichungen in den Verordnungen entstanden im Zeitraum zwischen 1798 und 1803 unter der helvetischen Regierung. Obwohl in der Zeit der Helvetik die Verordnungen für die ganze Nation gültig waren und deshalb nicht direkt mit der Gemeindegeschichte gekoppelt sind, erlauben wir uns dennoch sie kurz zu erwähnen, weil sich Jung und Alt über den damaligen politischen Zustand unserer Gemeinde interessieren wird. Wir machen es auch deshalb, weil sich die Vaterlands- und Kantonsgeschichten nicht oder doch nur höchst selten mit den Verordnungen in den Gemeinden befassen. Nach dem Gesetz vom 15. Februar 1799 musste in jeder Gemeinde eine Munizipalität und eine Gemeindekammer gewählt werden. Die Munizipalität wurde in einer Generalversammlung aller aktiven Bürger am 1. Mai und die Gemeindekammer von den Teilhabern des Gemeindegutes am 15. Mai bestimmt. Für den Zutritt zur Gemeindeversammlung war nichts weiter erforderlich, als was der 28. Artikel der Konstitution in Rücksicht auf die Urversammlungen vorschreibt.

In Gemeinden mit einer Bevölkerung von über 2000 Einwohnern waren 11 Munizipalbeamte zu wählen. Zudem mussten so viel Verwalter als notwendig ernannt werden, ihre Anzahl durfte diejenigen der Munizipalbeamten aber nur um maximal 15 überschreiten. Beide Behörden wurden jährlich um 1/3 erneuert. In den ersten zwei Jahren entschied das Los den austretenden Drittel. In der Folge traten diejenigen aus, welche am längsten in der Behörde sassen. In denjenigen Gemeinden, wo 11 Munizipalbeamte gewählt waren, traten im ersten Jahr 3 und in den folgenden zwei Jahren 4 Mitglieder aus. Ein Munizipalbeamter durfte nicht Agent oder sonst eine gerichtliche Person sein, wohl aber Mitglied der Gemeindekammer. Die Wahl in die Munizipalität war nicht zulässig für leibliche Verwandte, Schwager und Schwiegersohn eines schon gewählten Beamten. Die Munizipalität war verantwortlich für die Reinlichkeit, Sicherheit, Ruhe und Beleuchtung der Strassen und öffentlichen Plätze.

Ihre einzelnen Aufgaben waren:

-          Aufsicht über die Strassen und öffentlichen Gebäude

-          Aufsicht über die Bürgerwachen und Nachtwächter

-          Aufsicht über den Verkauf von Lebensmitteln

-          Aufsicht über Vollziehung der Gesetze über Handwerker und Gewerbe

-          Aufsicht über Gewicht und Mass

-          Aufsicht über Gast- und Schenkhäuser, Jahr- und Wochenmärkte

Sie beschäftigte sich, vereint mit den Agenten:

-          mit der Polizei über die Fremden und mit dem Vollzug der Gesetze gegen die Bettler.

-          mit der Ernennung der Hirten, Bannwarte und Flurschützen

-          mit dem Besuch der Gefangenen

-          mit Massregeln gegen die Feuersbrünste

-          mit Massregeln gegen ansteckende Krankheiten

-          mit Massregeln gegen gefährliche und schädliche Tiere

-          mit der Einquartierung von Truppen

-          mit den Geburten-, Sterbe- und Eheregistern und mit Aufnahme von Bevölkerungstabellen. ( dies nebst den Pfarrern )

-          Sie erteilte Lebens- und Totenscheine und Zeugnisse

-          Sie besorgte die Ausfertigung der Kontrakte und Handänderungsscheine

-          Sie besorgte die Vormundschaftspolizei

 

Die 11 Munizipalbeamten konnten die Aufgaben unter sich soweit aufteilen, als es die Verschiedenheit der Arbeit verlangte. Sie konnten sich aber nur mit dem Vollzug beschäftigen, denn alles, was eine gemeinsame Lösung erforderte, musste von der ganzen Munizipalität behandelt werden.                                   

Die Munizipalbeamten wählten aus ihrer Mitte einen Schreiber und einen Munizipalprokurator (Bevollmächtigter), welcher die von der Munizipalität ausgestellten Urkunden über Polizeivergehen an die Hand nahm und so die Beklagten vor die Richter brachte. Der Prokurator trat auch als Ankläger der öffentlichen Gewalt gegen sie auf und verlangte ihre Bestrafung nach den geltenden Gesetzen. Die Register der Munizipalität standen allen aktiven Bürgern zur Einsicht offen. Die Munizipalitäten standen unter der Aufsicht der Verwaltungskammer des Kantons, die ihre Beschlüsse aufheben oder abändern konnte. Nur die Appellation an das höhere Gericht, soweit überhaupt zugelassen, war ihnen vorbehalten. Um die Auslagen für die Ortspolizei zu decken, mussten spezielle Vermögenssteuern erhoben werden, denn sie konnten aus den hierzu bestimmten Gemeindeeinkünften nicht bestritten werden. Die Beamten trugen ein rotes, der Präsident ein rotes und grünes Band um den rechten Arm.

Sie hatten folgenden Eid zu leisten:

„ Ich schwöre, die Pflichten des Amtes, das mir aufgetragen ist, nach bestem Gewissen und in wahren Treuen, nach allen meinen Kräften als ein guter Bürger zu erfüllen“.

 

Zur Besorgung der Geschäfte der Gemeindekammer wurden vier der Verwalter mit folgenden Funktionen beauftragt:

 

1.

Der Seckelmeister mit der Besorgung der Einnahmen und Ausgaben.

2.

Der Armenpfleger mit der Beaufsichtigung und Unterstützung der Armen.

3.

Der Bauinspektor mit dem Bau und den nötigen Verbesserungen der den Gemeindegenossen gehörenden Gebäude, Strassen und Brunnen.

4.

Der Forstinspektor mit der Aufsicht über die Erhaltung und Ergänzung der Gemeindewälder, den Holzschlag und die liegenden Güter. Er vollzog auch die Beschlüsse der Gemeindekammer, unter der alle diese Beamten standen.

 

In grösseren Gemeinden durften sich die Verwalter in die vier genannten Kommissionen aufteilen. 1803 wurden Verordnungen angenommen, welche in der Hauptsache denjenigen von 1658 glichen. Wir gehen deshalb zu den Verordnungen von 1834 über, da sie für Speicher bedeutender sind und weil sie sich von den bisherigen massgeblich unterscheiden.

 

Verordnungen für die Gemeindegenossen – Kirchhöre

 

1.

Alle Jahre um Martini soll eine Gemeindegenossen – Kirchhöre gehalten werden, an welcher alle stimmfähigen Gemeindegenossen verpflichtet sind, beizuwohnen, wenn nicht Krankheit oder andere besonders wichtige Umstände daran hinderlich sind.

2.

An dieser Kirchhöre werden, nachdem der Gemeindeaufsatz verlesen ist, Rechnung abgelegt über die Verwaltung der Gemeindegüter und nach Verlesung der Rechnung die Umfrage gehalten, wer dem bekannt gemachten noch etwas beizufügen habe, alle zwei Jahre Kirchen-, Armen-, Waisen- und Schulpfleger erwählt, welche die betreffenden Einnahmen und Ausgaben über die Gemeindegüter, sowie das Beste der jedem übergebenen Verwaltung zunächst zu besorgen haben; auch steht denselben die Aufsicht über die Gemeindewaldungen zu.

3.

Aus den Gemeindegenossen, die nicht des Rates sind, wird alle 2 Jahre an der Martinikirchhöre auf dreifachen Vorschlag der Vorgesetzten ein zweiter Waisenpfleger erwählt; ein solcher kann sich jedoch, im Fall er diese Pflegschaft nicht verwalten wolle, um 55 Gulden loskaufen. Wer sich davon loskauft, oder dieselbe 2 Jahre verwaltet hat, kann nicht mehr dazu verpflichtet werden. Der regierende Hauptmann soll denjenigen Männern, die der Kirchhöre in Vorschlag gegeben werden, solches anzeigen, damit sie bei derselben sich erklären können. Wer zum zweiten Waisenpfleger erwählt wird, und sich nicht sogleich erklärt, oder durch jemand anderen anzeigen lässt, er wolle die 55 Gulden bezahlen, muss die Stelle 2 Jahre verwalten und kann dieselbe keinem anderen übertragen.

4.

Die vorgemeldeten Pfleger alle sollen ohne Gutheissen der Vorgesetzten nichts Wichtiges unternehmen; über ihre Verwaltung haben sie genaue und ausführliche Rechnung abzulegen, erhalten dagegen Wiedererstattung ihrer Auslagen oder auch nach Umständen das nötige Geld zum Voraus auf Rechnung, damit der Gemeinde zu dienen niemand unwillig ist.

 

Über die Verwaltung der Gemeindegüter

 

1.

Es soll über jedes der verschiedenen Gemeindegüter jederzeit besondere Rechnung geführt werden.

2.

Im gleichen Sinn, wie Art. 2. der Verordnung über die Verwaltung des gemeinen Gutes von 1658.

3.

Vermächtnisse sollen jedes Mal zur dankbaren Erinnerung ab der Kanzel verlesen, und immer nach dem Willen des Gebers verwendet werden (1658). Es sollen keine Vermächtnisse von mehr oder minderen Belang, welche nicht ausdrücklich vom Geber anders bestimmt werden, verbraucht, sondern zum Kapital geschlagen werden. Die Vorgesetzten haben dafür zu sorgen, dass das an die Gemeindegüter vermachte bare Geld an den Zins gelegt werde, bis eine Summe beisammen ist, woraus ein Kapitalbrief von einigem Belang kann gekauft werden (1833).

4.

Die Vorgesetzten haben zu sorgen, dass die Zinse der, der Gemeinde gehörenden Kapitalien zu möglichst niedrigem Preise einzuziehen verdungen werden. Ein Einzieher muss für die ihm übergebenen Zinse haften und dafür annehmbare Bürgschaft leisten. Er muss von Zeit zu Zeit das ihm eingegangene Geld dem betreffenden Pfleger übergeben, und bis zur Rechnung um Martini den Rodel ganz ausbezahlen.

5.

Über jedes Gemeindegut soll alle Jahre um Martini im Beisein sämtlicher Gemeindeverwalter genaue, ausführliche Rechnung gepflogen, dieselbe gut protokolliert und die Bücher immer gut verwahrt werden.

6.

An der Jahresrechnung erhält jeder Vorgesetzte für jede Rechnung 1 Gulden Belohnung.

7.

Wenn es sich aus den öffentlich bekannt gemachten Rechnungen ergibt, dass die rechtmässigen Auslagen die Zinse und die gewöhnlichen Einnahmen der Gemeindegüter übersteigen, sollen die Gemeindevorgesetzten mit möglichster Berücksichtigung der Zeitumstände Anordnungen treffen, dass der Rückschlag durch Vermögenssteuern nach dem Steuerfuss durch die Gemeindegenossen bald möglichst gedeckt werde, indem das Kapital niemals angegriffen werden darf.

8.

Jeder Gemeindegenosse ist befugt, beim Gemeindeschreiber, der die verlangende Auskunft zu geben hat, die Rechnungen einzusehen.

 

Zu allen Zeiten und unter allen Umständen sollte es einzig und allein den in einer Kirchhöre versammelten Gemeindegenossen vorbehalten sein, diese Gesetze und Verordnungen zu bestätigen oder nach Umständen anzupassen, wobei aber immer die Bestimmungen von 8. Artikel der Verfassung massgebend waren. Damit aber die Gesetze und Verordnungen immer präsent blieben und sich niemand im Nichtbefolgungsfall als unwissend entschuldigen konnte, mussten sie jedes Mal an der Martinikirchhöre vorgelesen werden. Mag die göttliche Vorsehung uns noch  lange Frieden, Ruhe und Wohlfahrt erhalten und uns ihren gnädigen Segen verleihen.

 

Verordnungen für die gemeinsame Kirchhöre

 

1.

Alle Jahre um Martinizeit am Sonntag nach der Gemeindegenossenkirchhöre sind alle stimmfähigen Gemeinde- und Kirchgenossen verpflichtet, wenn nicht Krankheit oder andere wichtige Ursachen daran hinderlich sind, der gemeinsamen Kirchhöre beizuwohnen.

2.

An dieser Kirchhöre wird, nachdem der Gemeindeaufsatz verlesen und derselben zur Bestätigung oder Abänderung vorgelegt ist, Rechnung abgelegt über die Einnahmen und Ausgaben der Steuerkasse, und dann laut Art. 8 der Verfassung die Frage gestellt, ob eine Kommission zur Prüfung der Rechnung ernannt werden solle oder nicht, und ob sie den Vorstehern Vollmacht zur Steuererhebung erteilen, oder von sich aus dieselbe bestimmen wolle.

3.

Wird alle 2 Jahre aus den Vorgesetzten ein Bauherr gewählt, dem die Obsorge für den Unterhalt der Kirche und aller anderen Gemeindegebäude, mit Ausnahme der Armen- und Waisenhäuser, sowie auch die Aufsicht über die Strassen, Weiher, Rosen, Löschgerätschaften etc. obliegt und jährlich Rechnung abzulegen hat.

4.

Werden von dieser Kirchhöre die Schullehrer für ein Jahr erwählt oder bestätigt. Jeder Landmann ist hierzu wählbar, wenn er sich laut obrigkeitlicher Verordnung über seine Tüchtigkeit und Wahlfähigkeit ausweisen kann. Wer als Schullehrer angestellt zu werden wünscht, muss sich bei der Kirchhöre darum bewerben, wenn ihm zuvor von Hauptleut und Räten der Vorstand bewilligt worden ist. Die angestellten Schullehrer müssen sich um die Bestätigung bei Hauptleut und Räten alljährlich melden, und durch sie wird ihr Begehren vor die Kirchhöre gebracht.

5.

Wird der Messmer ebenfalls für ein Jahr erwählt oder bestätigt. In beiden Fällen muss er sich bei der Kirchhöre darum bewerben, wozu er aber die Bewilligung von Hauptleuten und Räten bedarf. Jeder ehrenfeste, in der Gemeinde wohnende Landmann kann sich darum anmelden.

 

Allgemeine Bestimmungen

 

1.

Über die Gemeinde- und Steuerkasse soll alle Jahre um Martini im Beisein sämtlicher Vorsteher genaue und ausführliche Rechnung gepflogen und gut protokolliert werden.

2.

An der Rechnung erhält jeder Vorgesetzte 1 Gulden Belohnung.

3.

Wer im Namen der Kirchhöre ein Geschäft inner der Gemeinde zu besorgen hat, erhält mit Inbegriff der Zehrung 1 Gulden Taggeld.

Wenn ausser der Gemeinde Geschäfte für dieselbe zu besorgen sind, wird 1 Gulden 30 Kreuzer, oder nach Umständen angemessene Belohnung gegeben.

4.

Die von der Kirchhöre erwählten Hauptleute und Räte erwählen den Gemeindeschreiber, sowie auch die Gemeindekassiere aus ihrer Mitte.

5.

Jeder Gemeindegenosse und Einwohner der Gemeinde, der sich verehelichen will, hat wenigstens 1 Gulden in den Armenseckel zu bezahlen.

6.

Bei Strassenbauten mag jeder Gemeindeeinwohner zum Frondienst aufgefordert werden. Wegen Öffnung von Weg und Steg im Winter bestehen obrigkeitliche Verordnungen, die jedes Mal mündlich in Erinnerung gebracht werden sollen.

 

Kirchenordnung

 

1.

An Sonn- und Festtagen soll einer der Vorgesetzten auf der Emporkirche Aufsicht halten, dass keine Störungen der Andacht und Ungebührlichkeiten während dem Gottesdienst stattfinden, und wer sich dergleichen zu Schulden kommen lässt, zu gebührender Verantwortung und Strafe einzuleiten.

2.

Es soll niemand, der nicht singt, befugt sein, an der Lehne der Emporkirche zu stehen, bis man gesungen hat und dann noch Platz genug wäre bei der Busse von 30 Kreuzer.

3.

Unanständiges Betragen in der Kirche, und um die Kirche herum, drucken, schwatzen, schlafen während dem Gottesdienst, Verunreinigung der Gänge, Stühle, Täfer und Mauern in- und ausserhalb der Kirche wird mit 1 Gulden und nach Umständen noch mehr in den Armenseckel gebüsst. Es ist jedermann verpflichtet, die fehlbaren anzuzeigen, damit sie zu gebührender Verantwortung und Strafe gezogen werden können. Die Busse von 1 Gulden haben auch diejenigen zu bezahlen, deren Hunde in die Kirche kommen.

4.

Wenn ein Beisasse, der ein Kirchenort eigentümlich besitzt, aus der Gemeinde zieht, so fällt solches der Gemeinde zu, wenn er es nicht innert Jahresfrist an einen Gemeindegenossen oder Beisassen verkauft, der in der Gemeinde wohnt; der gleiche Fall tritt ein, wenn durch Erbschaft Kirchenörter an solche fallen, die ausser der Gemeinde wohnen und nicht Gemeindegenossen sind und dieselben ebenfalls nicht innert Jahresfrist an Gemeindegenossen oder an die der Gemeinde wohnende Beisassen verkauft werden.

 

Damit diese Verordnungen in Erinnerung blieben, wurden sie jedes Mal an der Martinikirchhöre vorgelesen, wobei sie entweder abgeändert oder bestätigt werden mussten.

„Die göttliche Vorsehung wolle ob uns Allen walten und uns noch lange das köstliche Kleinod der Freiheit erhalten und es auf unsere Nachkommen fortpflanzen, und uns stets mit ihren Segen beglücken.“

 

 

Gemeindeverordnung von 1846 / 1847

Bei der 1846 vorgenommenen Trennung der Gewalten wurde wiederum ein neuer Gemeindeaufsatz nötig:

 

a.    Verordnungen in Beziehung auf die Verwaltung der Armen- und Waisengüter

Angenommen den 13. Dezember 1846

 

I.      Kirchhören

 

1.

Die Gemeindegenossenkirchhören bestehen aus allen stimmfähigen Gemeindegenossen.

2.

Sie versammeln sich gewöhnlich des Jahres ein Mal und zwar um Martini und ausserdem, so oft der Verwaltungsrat oder eine gleiche Anzahl von Ehrenmännern es nötig finden.

3.

Alle stimmfähigen Gemeindegenossen sind verpflichtet, denselben beizuwohnen, wenn nicht Krankheit oder andere besonders wichtige Umstände sie daran hindern.

4.

Sie wählen, bestätigen, entlassen, setzen oder entsetzen die Mitglieder der Verwaltung, und nachdem diese gewählt sind, bezeichnen sie aus denselben den Präsidenten; ferner wählen sie 2 Armen-, 2 Waisen- und 2 Armenhauspfleger, ebenfalls aus den gewählten Mitgliedern der Verwaltung.

5.

Sie beschliessen den Einzug von Steuern für die betreffenden Pflegschaften, oder erteilen der Verwaltungsbehörde Vollmacht dazu, welche nach dem von Hauptleuten und Räten aufgestellten Steuerrodel den Einzug der Steuer bei den Gemeindegenossen zu besorgen hat.

6.

Sie empfangen die Rechnung der Verwaltung, und haben jährlich eine Kommission zur Prüfung dieser Rechnung zu ernennen.

7.

Sie verfügen über bedeutende Bauten, Anschaffung bedeutender, auf mehr als ein Jahr berechneter Lebensmittelvorräte und Errichtung von Anstalten, deren Kosten allein von den Gemeindegenossen getragen werden müssen, oder bevollmächtigen hierzu die Verwaltungsbehörde.

8.

Sie entscheiden ferner über wichtige Verträge, welche von der Verwaltungsbehörde Namens der Gemeindegenossen geschlossen werden, verfügen über Gemeindegüter, über Kauf und Verkauf von Armen- und Waisenliegenschaften.

9.

Sie entscheiden über Erteilung des Gemeindebürgerrechts und überhaupt über Gegenstände, die keine Last für die Beisassen nach sich ziehen, sondern lediglich Sache der Gemeindegenossen sind.

10.

Sie allein beschliessen allfällige Abänderungen des Gemeindegenossenaufsatzes oder Bestätigung desselben.

11.

Alles, was den Kirchhören zum Entscheide vorgelegt wird, soll, mit Ausnahme dringender Fälle, wenigstens acht Tage vorher in der Kirche bekannt gemacht werden. Die Rechnungen sollen jedes Mal gedruckt und vor der Kirchhöre an die Gemeindegenossen durch die Verwaltungskanzlei verabreicht werden.

 

II . Verwaltungsrat

 

1.

a.  Der Verwaltungsrat besteht in 12 aus Gemeindegenossen gewählten Mitgliedern.

b.     Er versammelt sich in der Regel alle Monate den ersten Montag auf der Rätenstube, und inzwischen, so oft die Geschäfte es notwendig machen.

c.                 c.  Er bringt die nötigen Vorschläge an die Kirchhören, hat denselben alljährlich Rechnung abzulegen über die Verwaltung der Armen-, Armenhaus- und Waisenhaus-Pflegen, hat für zweckmässige Benutzung und gehörige Beaufsichtigung eben genannter Stiftungen und Anstalten und der,  der Gemeindebürgerschaft angehörenden Waldungen zu sorgen, die Geschäfte der Betreffenden Pfleger und Kommissionen zu bestimmen, und darnach zu trachten, allmählich diejenigen Verbesserungen in der Verwaltung einzuführen, die er zum Nutzen der betreffenden Pflegschaft zweckmässig erachtet.

d.     Aus seiner Mitte wählt er eine Armenkommission, bestehend aus dem Verwaltungspräsidenten und sechs anderen Mitgliedern, eine Waisen- und Armenhauskommission, welche ebenfalls, den Präsidenten der Verwaltung mit berechnet, aus sieben Mitgliedern bestehen soll; ferner einen Verwaltungsschreiber und Einzieher der für die Armen fallenden Kirchen- und anderen Steuern.

e.    Nach Gutfinden wählt er den Kassier, den Oberaufseher über die Waldungen und den Waisen- und Armenhausvater; ferner die Zinseinzieher, welche für die ihnen zum Einziehen übergebenen Zinse zu haften und annehmbare Bürgschaft zu leisten haben.

     In besonders drückenden Zeiten, in welchen die Armenpflege schwerer zu besorgen ist, als gewöhnlich, ist der Verwaltungsrat auch noch befugt, eine von ihm dannzumal zu bestimmenden Anzahl von Privaten der Armenkommission zur Unterstützung beizuziehen, welcher Wahl sich alle Gemeindegenossen zu unterziehen haben.

2.

Die Pfleger sowohl als die vom Verwaltungsrate gewählten Personen sind verantwortlich und haben in jeder wichtigen, ihrer Obsorge übertragenen Angelegenheit die Befehle oder Beschlüsse desselben einzuholen.

3.

Der Verwaltungsrat selbst ist für alles ihm anvertraute Gemeindegut verantwortlich, und hat zu diesem Zwecke auch, wie bisher, die Kapitalbriefe im Archive aufzubewahren.

4.

Ohne seine Bewilligung dürfen weder Kapitalbriefe gekauft, noch verkauft werden. Bei Ankauf von Kapitalbriefen hat er für gehörige Sicherheit und besonders dafür zu sorgen, dass dieselben wenigsten zweifaches Unterpfand darbieten.

5.

Alljährlich wenigstens einmal und nötigenfalls auch öfter soll er durch eine aus seiner Mitte zu bestellende Kommission eine genaue Untersuchung der von dem Verwaltungsratsschreiber und den Pflegern zu führenden Bücher, und der den Gemeindegenossen angehörenden Kapitalbriefe und anderer wichtiger Schriften anordnen.

6.

Bei Vermächtnissen an die der Verwaltung zur Besorgung übertragenen Gemeindeanstalten und Stiftungen hat er für getreue Erfüllung des Wunsches des Testators zu sorgen und vorzüglich dafür, dass kein Vermächtnis von mehrerem oder minderem Belange verbraucht, sondern vielmehr auf die passende, vorteilhafte und sicherste Weise kapitalisiert werde.

7.

Er hat für die Vollziehung der Beschlüsse der Kirchhören, und dafür zu sorgen, dass den Rechten derselben auf keinerlei Weise entgegen gehandelt werde.

 

III.   Präsident der Verwaltung

Dieser leitet die Geschäfte und wird an der Martinikirchhöre aus der Mitte der vorgängig gewählten Verwaltungsbehörde gewählt. Er präsidiert die Gemeindegenossenkirchhöre, den Verwaltungsrat, die Armen- und Waisenkommissionen und bestimmt die Geschäfte dieser Kommissionen unter Berücksichtigung der verschiedenen Pflegschaften.

 

IV.  Verwaltungsschreiber

Er führt das Protokoll des Verwaltungsrates, besorgt die Rechnungsbücher der Verwaltung und deren Korrespondenz. So lange er diese Geschäfte besorgt, hat er weder eine Pflegschaft noch den Steuereinzug zu übernehmen.

 

V.   Pfleger

Die betreffenden Pfleger haben die ihnen vom Verwaltungsrat übertragenen Geschäfte getreulich zu erfüllen. Sie berechnen von Zeit zu Zeit mit den Zinseinziehern die eingegangenen Zinsen und führen genaue Rechnung über Einnahmen und Ausgaben der ihnen übergebenen Pflegschaft. Sie legen vierteljährlich Bericht ihrer Pflegschaft einer dafür zuständigen Kommission vor und geben dem Verwaltungsrat eine alljährliche Abrechnung zu Handen der Martinikirchhöre ab. Sie holen in allen wichtigen Fällen Gutachten und den Willen des Verwaltungsrates ein und sind für das ihnen Übertragene der Gemeinde und dem Verwaltungsrat gegenüber verantwortlich.

 

VI.  Allgemeine Bestimmungen

An der Jahresrechnung haben sämtliche Mitglieder des Verwaltungsrates anwesend zu sein. Als Spesenentschädigung erhalten dabei: Die Mitglieder des Verwaltungsrates für jede Pflegschaftsrechnung 1 Gulden, der Verwaltungsschreiber für das Einschreiben jeder Rechnung 2 Gulden 42 Kreuzer. Für besondere Geschäfte ausserhalb der Gemeinde werden die damit Beauftragten für einen halben Tag mit 48 Kreuzer und für einen ganzen Tag  mit 1 Gulden 30 Kreuzer entlöhnt. Jeder stimmfähige Gemeindegenosse ist befugt, auf der Verwaltungskanzlei Einsicht in die Gemeinderechnungen zu nehmen. Der Gemeindeaufsatz wird alle Jahre an der Martinikirchhöre vorgelesen. Dort wird entschieden, ob er bestätigt oder abgeändert werden soll.

 

 

b.   Verordnungen für die gemeinsame Frühlingskirchhöre

 angenommen den 2. Mai 1847 

Alljährlich am Sonntag nach der Landsgemeinde (Hauptmannsgemeinde) sind alle stimmfähigen Gemeindegenossen und Beisassen verpflichtet, der gemeinsamen Kirchhöre beizuwohnen, ausser wenn Krankheit oder andere wichtige Ursachen ihn daran hindern.

Im Übrigen sind diese Verordnungen im gleichen Sinn abgefasst, wie diejenigen von 1834, mit dem einzigen Unterschied, dass die Rechnung im Frühling statt um Martini gehalten wird. Deshalb weisen wir einfach auf diese bestehenden Verordnungen hin.